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Arzt-Depesche 7/2019

Angeborene Immundefekte erfordern individuelle Lösung

Für viele primären Immundefekte stellt die hämatopoetische Stammzelltransplantation die einzige kurative Therapieoption dar. Angesichts der Vielfalt der Defekte, der verschiedenen Spenderquellen sowie der möglichen Konditionierungsregimes muss in jedem Einzelfall eine individuelle Behandlungsentscheidung getroffen werden.
Primäre Immundefekte sind seltene angeborene Erkrankungen des Immunsystems, die sich meist in Form lebensbedrohlicher Infektionen bzw. autoimmunologischer Dysregulationen manifestieren, berichtete die US-Wissenschaftlerin Tatyana Gavrilova von der Division of Allergy and Immunology am Montefiore Medical Center/ Bronx. Beispiele hierfür sind der schwere kombinierte Immundefekt (SCID, severe combined immunodeficiency), die Autoimmun-Polyendokrinopathie, die chronische Granulomatose sowie das Wiskott-Aldrich-Syndrom. Ein SCID manifestiert sich in der Regel bereits bei der Geburt und erfordert eine Notfalltransplantation innerhalb der ersten Lebenswochen. Bei diesem Immundefekt, der auf einer Störung der T-Zell-Entwicklung – manchmal in Kombination mit einem B- oder NK-Zell-Mangel (NK-Zellen: natürliche Killerzellen) – beruht, wird primär nach HLA-identischen (HLA, humanes Leukozytenantigen), verwandten Stammzellspendern (z. B. Geschwistern) gesucht. Alternativen sind nicht verwandte HLA-identische Spender, haploidentische Elternteile, ein nicht HLA-identischer, nicht verwandter Spender oder eine Stammzellspende aus Nabelschnurblut. Je nach dem zugrunde liegenden genetischen Defekt bzw. der Immunzellkonstellation kommen vor der Transplantation verschiedene Konditionierungsstrategien infrage. Der Behandlungserfolg hängt insgesamt unter anderem vom Genotyp des Patienten, seinem Alter sowie vorbestehenden Infektionen ab.
Auch die Stammzellquelle sowie das Konditionierungsregime beeinflussen maßgeblich die Wiederherstellung der Immunkompetenz. Dabei beobachteten Wissenschaftler, dass sich einzelne Lymphozyten-Subpopulationen am besten ohne Konditionierung erholen, andere benötigen dagegen eine solche Vorbehandlung.
Die einzigartigen komplexen immunologischen und klinischen Konstellationen der primären Immundefekte stellen sowohl Immunologen als auch Transplantationsmediziner vor große Herausforderungen, schloss die Wissenschaftlerin. Zukünftige Studien müssen ihrer Ansicht nach klären, welche Faktoren die Prognose der Betroffenen nach Stammzelltransplantation verbessern können. LO
Quelle: Gavrilova T: Considerations for hematopoietic stem cell ... World J Transplant 2019; 9(3): 48–57. doi: 10.5500/wjt.v9.i3.48

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