Akute Lymphatische Leukämie

Arzt-Depesche 1/2020

B-ALL nach Plasmazellmyelom und IMiDs

Beschrieben wurde der Fall einer akuten lymphatischen B-Zell-Leukämie (B-ALL) bei einem älteren Mann mit Plasmazellmyelom (PCM) nach 14-jähriger IMiD-Therapie, der sich in eine Gruppe ähnlicher in der Literatur beschriebener Krankheitsfälle einreihte.
Durch den Einsatz der immunmodulatorischen Imide-Medikamente (IMiDs) Lenalidomid und Thalidomid zur Behandlung von Patienten mit Plasmazellmyelom (plasma cell myeloma, PCM) konnte zwar das Gesamtüberleben der betroffenen Personen nahezu verdoppelt werden, jedoch traten in der Folge verstärkt zweite primäre Malignitäten (SPMs) auf. So wurde bei PCM-Patienten ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko für eine akute myeloische Leukämie (AML) und das Kaposi-Sarkom nachgewiesen, und die Behandlung mit IMiD wurde mit einem erhöhten Risiko für myelodysplastisches Syndrom (MDS), AML und Plattenepithelkarzinom der Haut in Verbindung gebracht. Das Auftreten einer ALL hingegen wurde in den sich überlappenden Patientengruppen sehr viel seltener beobachtet.
Mit 67 Jahren war der hier beschriebene Patient der älteste im Vergleich zu den in der Literatur beschriebenen Fällen (mittleres Alter 61,5 Jahre) und einer derer mit lang andauernder IMiD-Einnahme (82 Monate). Zudem war bei ihm die längste Latenzzeit zwischen Beginn der IMiD-Therapie und dem Auftreten der B-ALL zu verzeichnen. Wie auch die Mehrheit dieser Fälle (86 %) entwickelte der Patient eine immer stärker ausgeprägte Panzytopenie, die dann auch zur Progression des PCM und zur Diagnose einer B-ALL führte. Speziell für diesen Patienten kam hinzu, dass er noch unter weiteren IMiD-Therapie-bedingten Malignitäten litt, nämlich einem Basal- und Plattenepithelkarzinom sowie einem Melanom.
Nach Diagnose der B-ALL wurde mit einer palliativen Chemotherapie (liposomales Doxorubicin, Vincristin und Dexamethason) begonnen unter Hinzunahme von Inotuzumab-Ozogamicin, einem Antikörper(CD22, cluster of differentiation 22)-Wirkstoff(Calicheamicine)-Konjugat, zum Zeitpunkt der Krankheitsprogression.
Obwohl PCM-Patienten mit nachfolgender B-ALL eine schlechtere Prognose als Patienten mit einer De-novo-B-ALL haben, empfiehlt die IMWG (International Myeloma Working Group) wegen der sehr niedrigen Prävalenzrate der nachfolgenden B-ALL und der eigentlichen hohen Wirksamkeit der IMiD-Erhaltungstherapie bei PCM, die derzeitige Praxis beizubehalten. Stattdessen sollten frühzeitig Knochenmarksbiopsien zur Klärung von Zytopenien eingesetzt werden. GH
Quelle: Sinit RB. et al.: B-cell acute lymphoblastic leukemia in an elderly man with plasma cell myeloma and long-term exposure to thalidomide and lenalidomide: a case report and literature review. BMC Cancer 2019; 19(1): 1147; doi: 10.1186/ s12885-019-6286-9
ICD-Codes: C91.0

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