Plazentaassoziierte Schwangerschafts-Erkrankungen

Gyn-Depesche 6/2021

Brustkrebsrisiko nach Präeklampsie erniedrigt

Bisher gibt es keine Belege, dass eine Präeklampsie das spätere Krebsrisiko beeinflusst. Für einzelne Entitäten scheint das aber dennoch der Fall zu sein, wie eine Forschungsgruppe aus Frankreich zeigen konnte.
Aus französischen Klinikdatenbanken gingen mehr als 4,3 Millionen Entbindungen in den Jahren 2012 bis 2019 hervor. Bei 1,1 % der Mütter war es in der ersten Schwangerschaft zu einer Präeklampsie oder Eklampsie gekommen. Während der Nachverfolgungszeit von bis zu acht Jahren erhielten 29.173 Frauen eine Krebsdiagnose.
Die Gesamtinzidenz onkologischer Erkrankungen unterschied sich in der Expositions- und in der Vergleichsgruppe nicht signifikant: Bei Frauen mit Präeklampsie oder Eklampsie betrug sie 1,51 Fälle pro 1.000 Personenjahre, bei Frauen ohne diese Schwangerschaftskomplikation 1,52 Fälle. Mehr als doppelt so hoch war nach einer Präeklampsie in der ersten Schwangerschaft allerdings das Risiko eines myelodysplastischen oder myeloproliferativen Syndroms (0,08 versus 0,03 Fälle pro 1.000 Personenjahre). Auch das Nierenzellkarzinom trat nach einer Präeklampsie etwa doppelt so häufig auf (0,04 versus 0,02) wie in der Vergleichsgruppe. Um rund 20 % geringer war dagegen die Inzidenz des Mammakarzinoms (0,37 versus 0,42). Das Risiko für ein Zervixkarzinom sank nach einer Präeklampsie um ein Viertel. Bei den anderen analysierten Krebsentitäten fanden sich keine Risikounterschiede zwischen Müttern mit und ohne Präeklampsie.
In Sensitivitätsanalysen erweiterte man die Expositionsgruppe sukzessive um Schwangerschaften mit anderen plazentaassoziierten Komplikationen. Wurden Fälle mit vorzeitiger Plazentalösung, fetaler Wachstumsrestriktion und intrauterinem Fruchttod eingeschlossen, so verringerten sich die Risikounterschiede. Eine fetale Wachstumsrestriktion steigerte dagegen den protektiven Effekt für Mammakarzinome, brachte ihn aber für Zervixkarzinome zum Verschwinden.
 
Immunreaktion schädigt Fetus – und schützt vor Krebs?
Möglicherweise tragen nach einer Präeklampsie das individuelle Hormonprofil und die Persistenz antiangiogenetischer Faktoren zu einem gewissen Schutz vor Brustkrebs bei, spekulieren die Autoren. Ebenso wird bei Präeklampsie von einer abnormen immunologischen Reaktion auf den Fetus ausgegangen, was zur aggressiveren Abwehr eines Tumors führen könnte. Auch die geringere Zervixkarzinom-Inzidenz ließe sich dadurch erklären. Das vermehrte Auftreten von Nierenkrebs ist vermutlich eine Folge einer chronischen arteriellen Hypertonie aufgrund von Nierenschäden durch die Präeklampsie. Beim myelodysplastischen Syndrom könnte die Aktivierung von Inflammasomen eine Rolle spielen, die auch an der Pathogenese der Präeklampsie beteiligt ist. CW
Quelle: Serrand C et al.: Assessment of all-cause cancer incidence among individuals with preeclampsia or eclampsia during first pregnancy. JAMA Netw Open 2021; doi: 10.1001/jamanetworkopen.2021.14486

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