Virtuelles AGO-Symposium 2021

Arzt-Depesche

Das Mammakarzinom heute

Im Rahmen des virtuellen Symposiums der AGO 2021 unter dem Motto – State of the Art: Virtueller Kongress der gynäkologischen Onkologie, welches vom 22. - 24. April 2021 durchgeführt wurde, fand die Sitzung der Kommission Mamma statt, auf der aktuelle Empfehlungen und Kontroversen zur Brustkrebstherapie vorgestellt und zusammengefasst wurden. 

Aktuelle Therapieempfehlungen
In den aktuellen Therapieempfehlungen der AGO zur loko-regionären Therapie des frühen Mammakarzinoms hat die intraoperative sonographische Lokalisation ohne Drahtmarkierung bei brusterhaltender Operation (BEO) bei nicht-palpable Läsionen nunmehr den Empfehlungsgrad eins plus erhalten hat. Laut aktueller Studiendaten führte eine solche Technik zu einer signifikant reduzierten intraoperativen Reexzisions- und Zweitoperationsrate sowie zu einer signifikant höheren Rate an tumorfreien Resektionsrändern. Voraussetzungen für die Anwendung dieses Verfahrens sind – sonographisch eindeutig darstellbare Läsionen, der Operateur ist ein erfahrener Schaller und ein uneingeschränkt zur Verfügung stehendes hochwertiges Sono-gerät. Zur Deeskalation der Axillatherapie bei axillärem Lymphknotenbefall (cN+) wurde eine ultra-hypofraktionierte Radiotherapie (RT) nach BEO mit einer Gesamtdosis von 26 bzw. 28,5 Gray in fünf Fraktionen über ein oder fünf Wochen mit einem Empfehlungsgrad plus minus empfohlen. Erwähnt wurde zudem, dass die onkoplastische brusterhaltende Operation (OPS) in ausgewählten Fällen eine Mastektomie ersetzen kann und diese onkologisch gleichwertig mit einer BEO ist, während der ästhetische Outcome in ausgewählten Fällen günstiger sein kann bei einer vergleichbaren Komplikationsrate. Desweiteren wurde im Algorithmus zur axillären Intervention bei neoadjuvanter Chemotherapie (NACT) ergänzt, dass bei anfänglich cN+-Fällen, die nach NACT nodal-negativ wurden, eine operative Deeskalation erfolgen sollte, diese aber vorerst noch im Rahmen von Studien.
Die Systemtherapie des frühen HER2 (human epidermal growth factor receptor 2)-positiven Mammakarzinoms wurde durch eine anthrazyklin-freie Chemotherapie in Kombination mit einer anti-HER2-Therapie aufgewertet. Erwähnt wurde, dass basierend auf aktuellen Studiendaten im Zusammenhang mit einer adjuvanten endokrinen Therapie bei prämenopausalen Frauen bei einem höheren Rezidivrisiko nunmehr eine GnRHa (Gonadotropin-Releasing-Hormon-Analogon)-Therapie zur Ovarialfunktions-Suppression unabhängig von einer vorangegangenen Chemotherapie einsetzbar ist.     
Im empfohlenen Behandlungalgorithmus des HR(Hormonrezeptor)-positivem/HER2-negativem metastasierten Mammakarzinoms gilt die  CDK4/6 (cyclin dependent Kinase 4/6)-basierte Therapie  weiterhin als Standard in der First-Line mit einer minimalen Änderung in der prämenopausalen Situation im Falle des Einsatzes eines Aromataseinhibitors (AI). Bei Progradienz der Erkrankung ist die Bestimmung von Biomarkern erforderlich, um passende weiterführende Behandlungsstrategien zu initiieren. So ist der Einsatz von PARP(Poly(ADP-ribose)-Polymerasen )-Inhibitoren vom BRCA(BReast CAncer -Gene)- Keimbahnmutationsstatus abhängig, der im Blut der Patientinnen ermittelt werden kann. Der Einsatz von PI3K(Phosphoinositid-3-Kinase )-Inhibitoren richtet sich nach dem Mutationsstatus des PI3KCA-Gens im Tumorgewebe oder in der zirkulierenden Tumor-DNS (ctDNA).  Die Analyse der ctDNA erfolgt dabei in Form der Liquid Biopsie, die auf der Probeentnahme und Analyse von nicht festem, biologischen Gewebe, hauptsächlich Blut beruht.
Beim triple-negativen metastasiertem Mammakarzinom (TNBC) ist zur Festlegung der Therapiestrategie eine Biomarkertestung unumgänglich. Empfohlen wird hier eine Immuntherapie bei entsprechendem  PD-L1(Programmed cell death 1 ligand 1) - Status und der Einsatz von PARP-Inhibitoren bei entsprechendem BRCA-Mutationsstatus. Ein weiterer Hoffnungsträger in der Therapie des TNBC ist das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Sacituzumab Govitecan, der unabhängig vom PD-L1-Status und BRCA1/2-Keimbahnmutationen oder PALB (Partner and localizer of BRCA2) in Studien zu fast einer Verdopplung des medianen Gesamtüberlebens führte. Noch ist dieser Wirkstoff jedoch nur in den USA zugelassen und in Europa nur über internationale Apotheken verfügbar.  

Aktuelle Kontroversen
Speziell thematisiert wurden Fragen zum axillären Staging - wann und wieviel davon nötig ist. Grundsätzlich sollte vor einer NACT keine SLNE (Sentinel-Lymphonodektomie) erfolgen.  In der weiteren Herangehensweise wird dann zwischen der initial klinisch nodal-positiven (cN+) und nodal-negativen (cN0) Situation unterschieden.  Im Fall einer cN0 sollte nach NACT eine SLNE erfolgen. Liegt nach der NACT weiterhin eine klinisch negative nodale Situation vor, ist keine weitere Axillaintervention erforderlich. Wird jedoch eine klinisch positiver nodaler Befund diagnsotiziert, ist in bestimmten Fällen eine ALDN indiziert. Bei initial cN+-Fällen sollte vor einer NACT eine bioptische Abklärung sowie Markierung der Tumorlokalisation erfolgen. Konvertiert diese nach NACT zu  cN0 empfiehlt sich eine TAD (targeted axillary dissection), bei persistierender cN+ - ALND.
Für das HER2+ metastasierende Mammakarzinom wurden Therapiealgorithmen aufgezeigt, die eine chemotherapeiefreie Option  bei HR+ Erkrankungen zulassen, soweit die Patientin aufgeklärt wurde , dass dies mit einem leicht verringertem progressionsfreiem Überleben verbunden sein kann.

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