Schmerztherapie

Arzt-Depesche 3/2018

Durchbruchchmerzen: Adäquate Therapie ist Mangelware

Durchbruchschmerzen bei Medikation mit Opioiden oder anderen Analgetika ist ein lange bekanntes Phänomen. Trotzdem wird er oft erst sehr spät erkannt, und nach der Diagnose fehlt es häufig an den richtigen Gegenmaßnahmen.

Durchbruchchmerzen bei Krebs ist ein akuter Schmerz, der typischerweise sein Maximum innerhalb von drei Minuten erreicht und zwischen einer Minute und vier Stunden andauert (im Mittel 30 Minuten). Der Beginn ist oft nicht vorhersagbar. Zur Behandlung sprechen sich verschiedene Gremien für den Einsatz schnellwirkender oraler Opioide oder von bukkalen bzw. intranasalen Fentanyl-Präparaten aus. Den Kenntnisstand zu diesem Thema in Europa prüften Forscher nun mit einer Online-Befragung von medizinischen Experten und selbst betroffenen Patienten in Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien.
Für Deutschland und Spanien ermittelte man eine Zeitverzögerung von 58 bzw. 13 Wochen zwischen Diagnose und Behandlung. Was die Wahl der Behandlung angeht, zweifelten vier von zehn Onkologen in den vier Ländern an der eigenen Kompetenz. Ein Viertel der Patienten in Deutschland, Italien und Spanien und vier von zehn in Frankreich erhielten lediglich erhöhte Dosen der laufenden Schmerzmedikation. Oft war dies Morphin. Knapp ein weiteres Viertel bekam Morphin zusätzlich zu ihrer Hintergrundtherapie.
Onkologen äußerten einen Bedarf an schnell wirkenden Medikamenten – ein Hinweis darauf, dass sie schnell wirkende orale Opioide nicht kannten. Viele Patienten wünschten sich dringend effektivere Schmerzmittel und mehr psychologische Unterstützung seitens des Pflegepersonals.
Die Empfehlungen von Fachgesellschaften zur Behandlung von Durchbruchschmerzen bei Krebs wurden in den vier Ländern nicht annähernd befolgt. Viele Patienten bekamen zur Rettungstherapie Nichtopioide wie ASS, Paracetamol oder NSAR. Vielen gab man auch orales Morphin. Dies hat aber nur Sinn zum Abfangen von Schmerzspitzen, bevor diese sich manifestieren, oder für sich langsam aufbauende Durchbruchschmerzen.
Wenn sich die Situation bessern soll, müssen die Diagnosen von Durchbruchschmerzen rascher gestellt werden; ohne Verzug müssen dann adäquate Analgetika verabreicht werden, d. h. solche mit schnellem Wirkungseintritt bei kurzer Wirkdauer. Die Autoren rufen zudem dazu auf, sich auf eine international akzeptierte Definition von Durchbruchschmerzen bei Krebs zu einigen. Zuständige Gremien und Behörden sollten Fortbildungsmaterial auf Basis geltender Leitlinien zur Verfügung stellen. WE
Quelle:

O’Hagan P et al.: Breakthrough cancer pain: The importance of the right treatment at the right time. Eur J Pain 2018; 22(7): 1362-74.

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