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Arzt-Depesche 7/2019

Humanes Zytomegalievirus – Genetik beeinflusst Infektionsverlauf

Das humane Zytomegalievirus (CMV) befällt nahezu alle Zelltypen und Organe und geht im Vergleich zu den übrigen Herpesviren mit deutlich höheren Morbiditäts- und Mortalitätsraten einher. Wie effektiv der menschliche Organismus sich gegen das Virus wehren kann, hängt unter anderem von seiner genetischen Ausstattung ab.
Das humane Zytomegalievirus (CMV) wird typischerweise über Speichel und Sexualkontakte, über die Plazenta, beim Stillen und bei Bluttransfusionen sowie Organ- und Stammzelltransplantationen übertragen, berichtete ein Team türkischer und US-Wissenschaftler. Risikogruppen sind beispielsweise sehr junge und sehr alte Menschen, Transplantatempfänger sowie immunkompromittierte Personen. Ein großer Teil der insgesamt 160 Virusgene spielt bei der Manipulation der menschlichen Immunantwort eine Rolle: Beispielsweise entgehen die infizierten Wirtszellen den Abwehrmechanismen, indem sie Immunzellen blockieren oder die Produktion von Chemo- und Zytokinen sowie deren Rezeptoren induzieren. Da bislang weder eine Impfung noch eine effektive medikamentöse Therapie zur Verfügung steht, konzentriert sich die Forschung zurzeit auf die Klärung der Infektionspathogenese.
Verschiedene Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Genetik des Wirtsorganismus bei der Kontrolle der Infektion sowie der Virus-Reaktivierung eine wichtige Rolle spielt, so die Wissenschaftler weiter. Forscher fanden beispielsweise heraus, dass die Antwort des Organismus auf eine CMV-Infektion sowie das Erkrankungsrisiko von genetischen Varianten der humoralen Immunität abhängt. Auch die CMV-Suszeptibilität von Organ- bzw. Stammzellempfängern sowie von HIV-Patienten scheint von genetischen Faktoren beeinflusst zu sein: Je nach Ausstattung mit bestimmten Zellrezeptoren bzw. Zytokinen besteht ein mehr oder weniger starker Schutz gegenüber Infektionen und Virus-Reaktivierungen.
Angesichts der Komplexität der immunologischen CMV-Antwort sind größere Studien zur Bedeutung der Wirtsgenetik für den Infektionsverlauf nötig, schlossen die Wissenschaftler. Große Hoffnungen setzen sie dabei in genomweite Assoziationsstudien. Insbesondere die vertikale Virustransmission stelle die zukünftige Forschung allerdings vor große Herausforderungen, da bei diesem Prozess sowohl die mütterliche als auch die noch unreife fetale Genetik interagieren. LO
Quelle: Sezgin E et al.: Host Genetics of Cytomegalovirus Pathogenesis. Front Genet 2019; 10: 616. doi: 10.3389/fgene.2019.00616

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