62. Jahrestagung der American Society of Hematology

Arzt-Depesche 1/2021

Immunonkologie auf dem Vormarsch

Das jährlich stattfindende Jahresmeeting d der American Society of Hematology (ASH), der wichtigste und umfassendste Kongress in der hämatologischen Onkologie, fand im Dezember 2020 pandemiebedingt virtuell statt. Auf diesem weltweiten Arbeitstreffen tauschten sich auch diesmal wieder internationale Expert:innen in zahlreichen Sitzungen und anhand der Vorstellung von Tausenden Abstracts über aktuelle Forschungsergebnisse und wichtigste Neuerungen in Therapie und Diagnose aus.
Non-Hodgkins Lymphome (NHL)
Dass die Immunonkologie immer mehr an Bedeutung auch bei der Therapie (Tx) gewinnt, zeigten eine Vielzahl von Beiträgen über die Wirksamkeit von bispezifischen Antikörpern und auch CAR-T-Zell-Therapien beim NHL.
So wurden für indolente sowie aggressive B-Zell-NHL Studiendaten mit dem bispezifischen Antikörper (bsAb) Odronextamab präsentiert, einem humanisierten CD20-×-CD3(CD: cluster of differentiation)- bsAb, der ein anhaltendes komplettes Ansprechen bei refraktären B-Zell-NHL – inklusive Patient:innen, die nicht auf CAR-T-Zelltherapie angesprochen hatten – induzierte. Das günstige Nebenwirkungs- sowie Verträglichkeitsprofil unterstrichen das vielversprechende Potenzial dieses Antikörpers. Ein weiterer humanisierter Immunoglobulin G1 gegen CD20/CD3 gerichteter bsABs, Mosunetuzumab, wies eine hohe Wirksamkeit bei mehrfach rezidiviertem follikulärem Lymphom (FL) bei tolerierbarem Nebenwirkungsprofil auf. Erste Analysen der ZUMA-5-Studie, einer Phase- II-Studie mit Axicabtagen-Ciloleucel, einer Anti-CD19-CAR-T-Zell-Therapie, bei Patient:innen mit rezidiviertem oder refraktärem R/R-indolentem NHL (iNHL) lassen auf eine hohe Ansprech- und komplette Remissionsrate schließen. Nebenwirkungen waren überschaubar.
In der Phase-I/II-BRUIN-Studie konnte eine hohe Wirksamkeit für den molekularen BTK-Inhibitor (BTK: Bruton- Tyrosinkinase), LOXO-305, bei stark vorbehandeltem Mantelzell-Lymphom (MCL) gezeigt werden. Zusammengenommen indizieren die aktuellen Forschungsergebnisse, dass in Zukunft auch bei der Behandlung des FL immer öfter bsABs und CAR-T-Zell-Therapien zum Einsatz kommen werden. Beim MCL wird die Zulassung einer CAR-T-Zell- Therapie bei BTK-Versagern im Jahr 2021 angestrebt.
Für den Morbus Waldenström (WM) wird es vorerst in der Erstlinientherapie bei einer Immunchemotherapie bleiben. So bestätigten Daten einer prospektiven multizentrischen europäischen Phase- II-Studie den Erfolg einer Kombinationstherapie aus Bortezomib mit Dexamethason, Rituximab und Cyclophosphamid (B-DRC) bei WM.
 
Update zur Therapie der CML
Daten der multizentrischen Phase- III-Studie ASCEMBL mit resistenten/ intoleranten CML-Patient:innen (CML: chronisch myeloische Leukämie) zur Effizienz und Sicherheit von Asciminib versus Bosutinib (BOS) zeigten eine statistisch signifikant überlegene Wirksamkeit von Asciminib im Vergleich zu BOS, begleitet von einem günstigen Nebenwirkungsprofil. Diese Daten unterstützen den Einsatz von Asciminib als neue Behandlungsoption bei CML, insbesondere bei Patient:innen mit Resistenz oder Unverträglichkeit gegenüber ≥ 2 Tyrosin-Kinase-Inhibitoren (TKI). Bei Asciminib handelt es sich um einen First-in-Class-STAMP-Inhibitor (STAMP: specifically targeting the ABL myristoyl pocket; ABL: Abelson murine leukemia viral oncogene homolog 1).
 
Akute myeloische Leukämie
Erste Resultate der Phase-III-Studie REACH3 zeigen eine signifikante Überlegenheit von Ruxolitinib (RUX) im Vergleich zur besten verfügbaren Therapie bei der Behandlung von Patient:innen mit steroidrefraktärer oder steroidabhängiger (SR/D) chronischer Graftversus- Host Disease (cGvHD). RUX kann somit der neue Standard in der Therapie von Betroffenen mit SR/D-cGvHD werden.
 
Ein Blick in die Wissenschaft
Forschende fanden heraus, dass der Verlust von LKB/STK11 (serine/threonine kinase 11) die leukämische Krankheitsprogression myeloproliferativer Neoplasien (MPN) begünstigt und STK11 ein geeigneter Kandidat für ein Tumorsuppressorgen bei Post-MPN akuter myeloischer Leukämie (AML) darstellt.
Eine andere Gruppe beschrieb, dass eine „Gain-of-function“-Mutation des BCL10-Proteins (BCL: B-cell lymphoma/ leukemia) zur Aktivierung des Transkriptionsfaktors NF-Kb (nuclear factor kappa-light-chain-enhancer of activated B-cells) und Resistenz gegenüber Ibrutinib in ABC-DLBCL (ABC: activated-B-cell-like; DLBCL: diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom) führt. Die BCL10-Mutation bei ABC-DLBCL kann somit als Biomarker für eine Ibrutinib- Resistenz fungieren, sodass alternative Therapien in Betracht gezogen werden können. GH
ICD-Codes: C92.0

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