Kongress

Arzt-Depesche 1/2020

Jahrestagung der American Society of Hematolgy (ASH) 2019: lymphoblastische Leukämie, multiples Myelom, B-Zell-Lymphome und Co.

Mehr als 30.000 Teilnehmer trafen sich im Dezember 2019 in Orlando, Florida, USA, um die neuesten wissenschaftlichen und klinischen Forschungsergebnisse im Bereich der Hämatologie zu diskutieren. Rekordverdächtig war mit knapp 6.000 Abstracts auch die Anzahl der Präsentationen.
Nutzen von Acetylsalicylsäure abwägen
Prof. Jordan Schaefer, Ann Arbor, Michigan, USA, rief dazu auf, bei der Gabe von Acetylsalicylsäure (ASS) zusätzlich zu einem direkten oralen Antikoagulans (direct oral anticoagulant, DOAC) das relative Risiko und den potenziellen Nutzen für den Patienten gründlich zu prüfen. Hintergrund der Empfehlung sind Daten einer Studie, in die über 2.000 Patienten mit Vorhofflimmern oder venösen Thromboembolien (VTE) in der Anamnese eingeschlossen waren. Es zeigte sich, dass die Einnahme von ASS zusätzlich zu einem DOAC mit mehr Blutungsepisoden bei vergleichbaren Raten an Schlaganfällen, VTE und Herzinfarkten assoziiert war als die Einnahme eines DOAC allein. Bei nahezu einem Drittel der Teilnehmer gab es dabei keine klare Indikation für die Einnahme von ASS wie z. B. einen kürzlich erlittenen Herzinfarkt.
 
CAR-T-Zell-Therapie mit Axi-cel
Bei der CAR-T-Zell-Therapie werden autologe T-Zellen genetisch so modifiziert, dass sie einen tumorspezifischen chimären Antigenrezeptor (CAR) auf ihrer Oberfläche tragen. Nach der Reinfusion leiten die CAR-T-Zellen die Apoptose und Nekrose der erkannten Zielzellen ein. Axicabtagen- Ciloleucel (Axi-cel) ist eine gegen CD19-exprimierende Tumorzellen gerichtete CART- Zell-Therapie, die zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit bestimmten rezidivierten/ refraktären (R/R) großzelligen B-Zell-Lymphomen (diffuse large B-cell lymphoma, LBCL) eingesetzt wird. In Orlando präsentierte Daten machen deutlich, dass Patienten von einer Behandlung mit Axi-cel im Vergleich zu bisher verfügbaren Salvage- Regimen mit einer erheblich gesteigerten Gesamtüberlebensrate profitieren können. Diesen Schluss lässt ein deskriptiver Vergleich der Ergebnisse der zulassungsrelevanten ZUMA-1-Studie (Kohorte 1 und 2) und der SCHOLAR-1-Kohorte zu. In dieser retrospektiven Analyse von 497 R/R-LBCL-Patienten, die mit den bisher verfügbaren Salvage-Regimen behandelt wurden, lag die Gesamtüberlebensrate nach zwei Jahren bei 12 %, unter Axi-cel dagegen bei 50 % (Hazard Ratio 0,27). Für die ZUMA-1-Studie liegen außerdem die 3-Jahres-Daten vor, die die anhaltende Effektivität von Axi-cel unterstreichen: Nach einem medianen Follow-up von 39,1 Monaten lag die Gesamtüberlebensrate bei 47 %.
 
Bessere Prognose bei pädiatrischer B-ALL
Eine weitere Studie unterstrich den Nutzen von Blinatumomab – einem bispezifischen T-Cell- Engager-Antikörper-Konstrukt – bei pädiatrischen Patienten mit rezidivierter akuter lymphoblastischer Leukämie (B-ALL) und minimaler Resterkrankung (minimal residual disease, MRD) nach einer anfänglichen Chemotherapie. Nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 1,4 Jahren war die Rate an progressionsfreiem Überleben (progression free survival, PFS) sowie die Gesamtüberlebensrate von Patienten unter Blinatumomab signifikant höher als unter der Standardchemotherapie (59 % vs. 41 % bzw. 79 % vs. 59 %). Außerdem konnten mehr Blinatumomab-Patienten einer Transplantation unterzogen werden. Und: Blinatumomab war besser verträglich als die Standardchemotherapie.
 
Zugang zu wirksamer Therapie
Ein gemischtes Bild ergaben Studien, die den Einfluss von Demografie und sozioökonomischem Status auf den Zugang zu klinischen Studien und wirksamen Behandlungen für Patienten mit hämatologischen Erkrankungen untersuchten. Einigen Studien zufolge profitierten ethnische Minderheiten und ältere Patienten von Krebsbehandlungen in ähnlicher Weise wie andere Patientengruppen. Weitere Untersuchungen zeigten jedoch, dass mit Blick auf Zugang zur Versorgung und hinsichtlich der Behandlungsergebnisse weiterhin erhebliche Unterschiede bestehen.
 
Progression verzögern
In die beim ASH-Kongress 2019 vorgestellte CANDOR-Studie – einer offenen Phase-III-Studie – wurden insgesamt 466 Patienten mit einem R/R multiplen Myelom eingeschlossen. Etwa ein Drittel von ihnen war refraktär gegenüber Lenalidomid. Die Teilnehmer wurden randomisiert mit Carfilzomib und Dexamethason (Cd) oder Cd plus Daratumumab (CdD) behandelt. Nach einem mittleren Follow-up von 17 Monaten betrug das mittlere PFS unter Cd 16 Monate; unter CdD war das PFS noch nicht erreicht. Darüber hinaus war die Rate an Patienten mit einer nach 12 Monaten nicht nachweisbaren MRD unter der Dreifachkombination fast 10-mal so hoch wie unter der Zweifachkombination (12,5 % vs. 1,3 %). Unerwünschte Ereignisse waren in beiden Gruppen vergleichbar. MW
ICD-Codes: C85.1

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