Kasuistik zum Hickam-Diktum: drei zufällige Lungenbefunde

Das Diktum des Arztes John Hickam besagt, dass Patienten jederzeit mehr als eine Krankheit haben können. Einen bemerkenswerten Fall haben nun Ärzte aus den USA publiziert. Eigentlich hatten sie ein CT des Abdomens und Beckens ihrer Patientin veranlasst, um ein seit Jahren stabiles renales Angiolipom routinemäßig zu überprüfen sowie dokumentierte Kalzifikationen in der Milz zu untersuchen. Dabei fanden sie einen ungleichmäßigen, sternförmigen Knoten im rechten Mittellappen der Lunge. Die Patientin litt an einer bekannten Hypothyreose, hatte eine stabile koronare Herzerkrankung sowie eine milde COPD. Vor Jahrzehnten war sie an Lungentuberkulose erkrankt und hatte früher bis zu drei Päckchen Zigaretten am Tag geraucht. Ein PET-CT zur Abklärung des Knotens ergab, dass dieser metabolisch aktiv war; außerdem zeigten sich Kalzifikationen in rechts-mediastinalen Lymphknoten. Weil sich hinter einem metabolisch aktiven Knoten ein Tumor verbergen kann, setzten die Ärzte eine OP an. Während der Wedge-Resektion des rechten Mittellappens fiel dem Chirurgen ein weiterer kleiner Knoten im oberen Teil des Unterlappens auf, und er entfernte daraufhin das betroffene Lungensegment ebenfalls. Zudem entnahm er Proben der benachbarten mediastinalen Lymphknoten. Die Überraschung kam mit den histologischen Untersuchungsergebnissen: Der ursprüngliche Knoten im Mittellappen entpuppte sich als Adenokarzinom, der Knoten im Unterlappen dagegen war ein Karzinoidtumor, und die Kalzifikationen gingen auf eine Histoplasmose zurück. Die Autoren betonen, dass es zwar häufig, aber eben nicht immer sinnvoll ist, nach einer einzigen Erklärung zu suchen, die möglichst alle Befunde erklärt. Die Patientin gilt nach der erfolgreichen OP als krebsfrei; die Histoplasmose bedarf keiner Therapie. BA