VARIA

Arzt-Depesche 1/2017

Krebs bald Killer Nummer 1

Herz- und Gefäßerkrankungen werden weltweit als führende Todesursache vermutlich bald von Krebserkrankungen abgelöst werden. Verantwortlich dafür sind die steigende Lebenserwartung und der starke Rückgang der kardiovaskulären Mortalität in den letzten 30 Jahren. Zwar wurden insgesamt auch weniger onkologisch bedingte Tode verzeichnet, doch gibt es noch viele Ungleichheiten zwischen den einzelnen Ländern der Erde.

Anhand der Daten von 52 Ländern analysierten Forscher, in welchem Maße in den Jahren 1981 bis 2010 Krebserkrankungen weltweit zur Mortalität in der Altersgruppe der 40- bis 84-Jährigen beigetragen haben. Der Rückgang der kardiovaskulären Todesrate war für mehr als die Hälfte des durchschnittlichen Lebenszeitgewinns zwischen 1981 und 2010 verantwortlich. In den Ländern mit dem höchsten Entwicklungsstatus (human development index, HDI) stieg die Lebenserwartung der Männer und Frauen dadurch um 2,3 respektive 1,7 Jahre, in weniger stark entwickelten Ländern immerhin um 0,8 bzw. 0,5 Jahre an.
Die gleichzeitige Abnahme an krebsbedingten Toden sorgte dagegen für einen bescheideneren Anstieg der durchschnittlichen Lebenszeit um 0,8 bzw. 0,5 Jahre bei Männern und Frauen in den höchstentwickelten, und um 0,2 Jahre in weniger weit entwickelten Ländern. Anders als bei der kardiovaskulären Risikoreduktion unterschieden sich die Trends in den Krebsraten erheblich, je nach Entwicklungsgrad des Landes, Krebsart und Geschlecht der Betroffenen. Besonders starke Diskrepanzen fand man bei Lungenkrebs. So sanken die Lungenkrebsraten am stärksten bei Männern in Wohlstandsländern, was zu einem Lebenszeitgewinn von 0,3 Jahren führte. Zu verdanken ist dies wohl den vielen Maßnahmen gegen das Rauchen.
Bei Frauen wurde dagegen in vielen Ländern ein Anstieg der Lungenkrebsmortalität beobachtet, in Verbindung mit einer um 0,1 Jahre reduzierten Lebenserwartung. Zum Teil wird dies darauf zurückgeführt, dass gerade in den weniger stark entwickelten Ländern – oft zeitgleich mit der Emanzipationsbewegung – immer mehr Frauen mit dem Rauchen anfangen.
Ungleichheiten gibt es auch nach wie vor in der Verfügbarkeit moderner Versorgungsleistungen. So stehen reichen Ländern die nötigen Ressourcen zur Verfügung, um 85% aller Krebspatienten mit modernen Präventions- und Therapieleistungen zu versorgen, während in ärmeren Ländern gerade einmal 1% der Betroffenen auf diesem Niveau versorgt werden können. OH
Kommentar

Vielleicht stellt die krebsbedingte Mortalität einfach die natürliche Obergrenze für die menschliche Lebenserwartung dar. Denn die Krebsinzidenz steigt mit zunehmendem Alter stark an. Gerade in Populationen, die immer älter werden, stellt sich daher die Frage, wie weit sich alle Maßnahmen zur Krebskontrolle noch ausreizen lassen, um der immer höheren Krebsinzidenz Herr zu werden. Viel mehr lässt sich global dagegen schon jetzt bewegen, indem man die Versorgungsstrukturen in einkommensschwächeren Ländern verbessert.

Quelle:

Cao B et al.: Benchmarking life expectancy and cancer mortality: global comparison. BMJ 2017; 357: j2765

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