Uterustransplantation

Arzt-Depesche 8/2020

Lebendgeburt aus Uterus einer verstorbenen Spenderin

Eine Uterustransplantation (Uterus-Tx) stellt die einzige bekannte Behandlungsmöglichkeit bei einer absoluten, uterusbedingten Infertilität dar. Auch wenn die Uterus-Tx nach wie vor nach experimentellen Protokollen durchgeführt wird, kann sie nicht länger als rein theoretisches Konstrukt gelten. Bislang wurden bei der Uterus-Tx fast ausschließlich Transplantate von lebenden Spenderinnen verwendet. Nun berichteten Autoren von der ersten Lebendgeburt in den USA, die aus einem transplantierten Uterus einer verstorbenen Spenderin hervorging. Auch aus Brasilien wurde ein solcher Fall bereits berichtet (Ejzenberg D et al., Lancet 2018).
Der Uterus gilt als ein außerordentlich resilientes Organ. Er scheint generell den Ischämie- und Reperfusionsschaden einer Transplantation gut zu überstehen. Zudem bleibt seine reproduktive Kapazität dabei in der Regel erhalten, was eine Uterus-Tx überhaupt erst sinnvoll macht. Wie bei allen Transplantationen ist auch bei der Uterus-Tx eine postoperative Immunsuppression notwendig. In der nun berichteten Kasuistik kam es jedoch zu einer besonderen akuten Abstoßungsreaktion, wie sie für den Uterus eher ungewöhnlich ist.
 
Ungewöhnliche Reaktion
Die 35-jährige Patientin litt unter einer kongenitalen Uterusaplasie. Für sie konnte eine passende hirntote 24-jährige Spenderin gefunden werden. Bei der Transplantat-Entnahme wurden beidseitig Arterien und Venen inklusive der Abgänge aus den Iliakalgefäßen belassen. Bei der Empfängerin erfolgte eine mediane Laparotomie und die Darstellung der A. und V. iliaca externa zur Anastomosierung beidseitig.
Am vierten postoperativen Tag konnte die Patientin entlassen werden. Die erste spontane Menstruation setzte nach 34 Tagen ein.
Nachdem zur Vorbereitung des Embryotransfers mit Estradiol gestartet worden war, entwickelte sich eine Eosinophilie und wässriger Ausfluss. Alle infektiologischen Tests waren negativ, aber in der Ektozervixbiopsie fanden sind Ulzerationen und ein plasmazellreiches Infiltrat. Da auch die Zahl der IgG4+-Plasmazellen erhöht war und donorspezifische Antikörper nachgewiesen wurden, diagnostizierte man eine akute Grad-3-Abstoßungsreaktion. Man therapierte diese mit Antimyoglobulin, Methylprednisolon und einer erhöhten Tacrolimus-Dosis. Drei Monate später war die Abstoßungsreaktion wieder unter Kontrolle, und ein Jahr nach der Transplantation konnte der Embryo übertragen werden. In der zwölften Schwangerschaftswoche (SSW) kam es zu einer zweiten Abstoßungsreaktion, die mit Kortikosteroiden, Insulin und Tacrolimus- Erhöhung therapiert wurde. In der 34. SSW wurde ein gesundes Kind von 1.930 g per Sectio entbunden.
 
Zwei Besonderheiten
Diese Kasuistik weist neben der Tatsache, dass die Uterus-Tx insgesamt noch als experimentelles Verfahren gelten muss, zwei Besonderheiten auf. Zum einen wurde erstmals in den USA ein Kind aus einem transplantierten Uterus einer hirntoten Spenderin geboren. Dieser „Proof of Concept“ könnte zukünftig dazu beitragen, dass deutlich mehr Spendeorgane zum Einsatz kommen, insbesondere wenn keine Lebendspende verfügbar ist. Zum anderen kam es zu einer akuten plasmazellreichen Abstoßungsreaktion, für die man keine andere „plasmazellsteigernde“ Ursache finden konnte; generell ist diese Art der Abstoßungsreaktion bei der Transplantation anderer Organe (außer der Leber) selten. Auch dass die akute Abstoßung nach der Estradiol-Gabe auftrat, ist bemerkenswert, aber der Zusammenhang nicht völlig geklärt. Man weiß aber, dass Estradiol mit dem Tacrolimus- Metabolismus interagiert. CB
Quelle: Flyckt R et al: First birth from a deceased donor uterus in the United States: from severe graft rejection to successful cesarean delivery. Am J Obstet Gynecol 2020; 223: 143-51

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