Lungenkrebs

Arzt-Depesche 2/2021

Neue Entwicklungen beim Lungenkarzinom

Dank der Präventionsmaßnahmen und neuen Screeningverfahren sowie der neuartigen Therapieansätze hat sich die Überlebensrate bei Lungenkrebs verbessert. Die vorliegende Arbeit bietet eine Übersicht zum aktuellen Stand in diesen Bereichen, einschließlich zielgerichteter Therapien und Immuntherapien, und zeigt zudem Auswirkungen dieser Innovationen auf die klinische Praxis.
Die Therapiestrategien werden bei der Behandlung des Lungenkarzinoms (LC) – seien es Adenokarzinome verschiedener Subtypen, Plattenepithelkarzinom, großzellig-neuroendokrines Lungenkarzinom (LCNEC), großzelliges Lungenkarzinom (LCLC), kleinzelliges Lungenkarzinom (SCLC) oder ein Mix der verschiedenen Karzinome – in Abhängigkeit von der Art des Karzinoms, dem Krebsstadium und inzwischen auch der entsprechend nachgewiesenen Treibermutationen gewählt.
 
Behandlungen bei LC
Bei Patienten im Frühstadium (I-IIIA) des LC ist meist eine chirurgische Resektion indiziert. Ist diese nicht möglich, wird meist eine stereotaktische Bestrahlung (SBRT) durchgeführt. Da Rezidive nach einer Resektion oder Bestrahlung oft an anderen Körperstellen auftreten, wird entweder eine neoadjuvante oder adjuvante systemische Therapie oder beides verabreicht.
Gewöhnlich handelt es sich bei der neoadjuvanten Therapie um eine platinbasierte Dublette, bestehend aus Cisplatin und Pemetrexed, Paclitaxel, Vinorelbin oder Gemcitabin. Zuletzt wurden Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) allein oder in Kombination mit Chemotherapie (CT) im neoadjuvanten Setting getestet, wobei durch Hinzunahme einer CT eine bessere pathologische Antwort zu beobachten war als unter ICI allein. Auch in der adjuvanten Therapie werden wegen der verbesserten Wirksamkeit vermehrt ICIs sowie Kombinationen aus Chemo- und Immuntherapie eingesetzt.
Mit der Charakterisierung von Treibermutationen beim LC, allen voran im EGFR (Epidermal Growth Factor Receptor), gegen die Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) eine Sensitivität aufweisen, kommt es vermehrt zum Einsatz dieser TKIs. So führte die Anwendung der TKIs Gefitinib, Erlotinib und Afatinib im Durchschnitt zu einer um 34 % verbesserten Gesamtansprechrate im Vergleich zur Chemotherapie bei EGFR-mutiertem nicht kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC). Inzwischen sind beim LC TKIs auch für weitere Treibermutationen wie BRAF (Serin/Threonin-Kinase BRaf), MET(mesenchymaler epithelialer Übergangsfaktor)-, ALK(anaplastische Lymphom-Kinase)-, ROS(Proto-onkogene Tyrosin-Protein-Kinase)-, RET(Rezeptor-Tyrosinkinase)- und TRK(Tropomyosin-Rezeptorkinase)- Fusionen zugelassen.
Im Raum steht aktuell die Frage, ob bei Patienten im Frühstadium eines LC mit bekannten Treibermutationen eine neoadjuvante oder eine adjuvante zielgerichtete Therapie im frühen Stadium der Erkrankung eine Verbesserung des Überlebens bewirkt. Für Patienten im Stadium IV steht die Frage im Vordergrund, ob entweder durch Bestrahlung oder durch Resektion Resterkrankungen oder Oligometastasen zu beherrschen sind, um so die Überlebensrate bei Patienten mit oder ohne Treibermutationen zu verbessern. Beim metastasierenden NSCLC mit therapeutisch adressierbaren molekularen Alterationen gilt es, vorteilhafte Kombinationstherapien zu finden, um Resistenzen zu vermeiden. Für Patienten ohne nachgewiesene Treibermutationen bedarf es weiterer Biomarker, die eine Vorhersage zum Ansprechen auf ICIs erlauben. Weitergeführt werden muss auch die Suche nach neuen Immuntherapeutika für diejenigen Patienten, die auf die zur Zeit klinisch verfügbaren Inhibitoren nicht ansprechen.
 
Prävention und Diagnose
Da sich die Reduktion des Rauchens von Zigaretten und anderen Tabakprodukten als Prävention von Lungenkrebs (LC) und der damit assoziierten Todesfälle als erfolgreich erwies, ist es nunmehr das Ziel, den Nikotin- und Tabakkonsum in der Bevölkerung weiter zu verringern. Weniger Effekt auf die Inzidenz von LC zeigte die Minimierung der Radon- und Strahlenexposition. Bestrebungen, dieser Erkrankung durch Verbesserung der Luftqualität vorzubeugen, scheiterten bis jetzt. Weiterer neuer Präventionsstrategien bedarf es im Zusammenhang mit der steigenden Verbreitung des Rauchens von E-Zigaretten.
Die Diagnostik bietet eine weitere Möglichkeit, die Zahl der Patienten zu minimieren, die sich mit LC im fortgeschrittenen Stadium präsentieren. So beinhalten zahlreiche Richtlinien inzwischen ein jährliches Computertomographie- Screening bei Hochrisikopersonen im Alter zwischen 55 und 80 Jahren, die mehr als 30 Packungsjahre rauchen bzw. geraucht haben. Hierbei gilt es jedoch, auch weiterhin die Diagnosealgorithmen so zu verbessern, dass ein LC möglichst früh entdeckt und somit bei Bedarf rechtzeitig behandelt werden kann. Neuere Diagnoseverfahren, die darauf zielen, molekulare Veränderungen in der zirkulierenden Tumor-DNA, den Exosomen und anderen Blutbestandteilen zu charakterisieren, zeigen zwar vielversprechende Ergebnisse, für die Routineanwendung sind sie jedoch noch ungeeignet. GH
Quelle: Schenk EL et al.: 2020 innovation-based optimism for lung cancer outcomes. Oncologist 2021; 26(3): e454-72; doi: 10.1002/onco.13590

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x