Myeloproliferative Neoplasien

Arzt-Depesche 1/2020

Passende Diagnoseverfahren anwenden

In einer US-amerikanischen Studie mit 200 Patienten untersuchten Forscher verschiedene Laborwerte und klinische Parameter auf deren Anwendbarkeit zur genaueren Diagnose von Polycythaemia vera (PV) und schlugen einen entsprechenden Diagnosealgorithmus vor.
2017 wurden die Diagnosekriterien der WHO (World Health Organization) bezüglich der Hämoglobinwerte (Hb-Werte) für Polycythaemia vera (PV) von 185 auf 165 g/l für Männer und von 165 auf 160 g/l für Frauen herabgesetzt; als Schwellenwerte für Screening-Verfahren waren diese jedoch nicht bestimmt. So ließ sich eine PV allein anhand des Hb-Wertes nicht von einer sekundären Erythrozytose (SE) unterscheiden, obwohl PV-Patienten meist höhere Erythrozytenzahlen (RBC-Werte, RBC: red blood cells) zusammen mit einem niedrigeren Erythrozytenvolumen und niedrigeren Ferritinwerten haben als Patienten mit einer SE. Es zeigte sich, dass für die Entscheidung, eine weiterführende molekulare Diagnostik und/oder morphologische Untersuchung am Knochenmark durchzuführen waren und klinische Parameter mit eine Rolle spielten. So waren Patienten mit einer myeloproliferativen Neoplasie (MPN) in den seltensten Fällen (3 %) jünger als 40 Jahre alt, und die Mehrheit der Patienten mit SE (93 %) wies mindestens einen der Risikofaktoren wie Adipositas (Body-Mass-Index [BMI] > 30 kg/m2) oder Rauchen auf. Der eindeutige Nachweis einer JAK2(Januskinase 2)-V617F-Mutation stellte auch nur im entsprechenden klinischen Kontext ein diagnostisches Indiz für MPN dar.
Hohe über dem Mittel des Referenzbereiches liegende EPO-Werte (EPO: Erythropoetin) zusammen mit hochnormalen Hb-Werten wiesen auf eine SE hin. So verbesserte sich die Sensitivität und Spezifität des von den Autoren zusammengestellten PV-Risikoscores unter Hinzunahme des EPO-Wertes von 93 bzw. 94 % auf 98 %.
Die in 111 Fällen durchgeführte morphologische Knochenmarkanalyse, welche unter anderem eine zytogenetische Analyse erlaubte, zeigte eine höhere Zellularität bei PV im Vergleich zu SE und ermöglichte zudem eine genauere Einschätzung des Krankheitsstadiums. GH
Quelle: Shaw G et al.: Beyond Hemoglobin: When and How to Work Up Possible Polycythemia Vera. Clin Med Res 2019; cmr.2019.1483; doi: 10.3121/cmr.2019.1483
ICD-Codes: D45

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