Personalisierte Medizin

Arzt-Depesche 5/2020

Präzisionsmedizin nur ein Wunschtraum?

Die Anwendung der personalisierten Medizin befindet sich in der onkologischen Gynäkologie noch in den Anfängen. Nun wurden Mutationen mit den darauf basierenden Therapien und deren Anwendung sowie die damit verbundenen Herausforderungen zusammengefasst.

sowie die damit verbundenen Herausforderungen zusammengefasst.

Unter dem Begriff personalisierte Medizin versteht man, dass eine Therapie aufgrund von molekulargenetischen Untersuchungen an bestimmte genetische Merkmale des Patienten angepasst wird. Das ermöglicht unter anderem, dass jeder Patient unter Einbeziehung individueller Gegebenheiten über die funktionale Krankheitsdiagnose hinaus behandelt und die Therapie dem Krankheitsverlauf fortlaufend angepasst werden kann. Es bedeutet aber auch, dass Krebserkrankungen basierend auf ihrem jeweiligen genetischen Hintergrund behandelt werden können.
Die Therapien richten sich in erster Linie nach identifizierten Treibermutationen, die entweder in Onkogenen oder Tumorsuppressorgenen auftreten und durch ihren Einfluss auf das Zellwachstum indirekt Krebs verursachen. Die die Treibermutationen begleitenden Passenger-Mutationen führen allein nicht zur Entstehung von Tumoren.
 
Zielgerichtete Therapien
Bei gynäkologischen Tumoren gestaltet sich die Suche nach solchen Mutationen aufgrund der Komplexität und des ubiquitären Charakters der involvierten Signalpfade bei der Krebsentstehung, aber auch durch die Heterogenität der Probenentnahme selbst bei ein und derselben Patientin noch schwer.
Trotzdem gibt es mit Bevacizumab, einem gegen den VEGF(vascular endothelial growth Factor)-Rezeptor gerichteter humanisierter monoklonaler Antikörper, einen Angiogenesehemmer, der unter anderem bei fortgeschrittenem Brust-, Eierstock- und Gebärmutterhalskrebs in Kombination mit einer Chemotherapie eingesetzt wird. Auch PARP-Inhibitoren, die die Poly(ADP-Ribose)-Polymerasen hemmen, werden primär als Erhaltungstherapie nach Chemotherapie angewendet. Die beim Ovarialkarzinom gefundene Loss-of- Function-Mutation des PTEN( phosphatase and tensin homolog)-Gen, einer als Tumorsuppressor agierenden Phosphatase, könnte in Zukunft im Zusammenhang mit PI3K/mTOR-Inhibitoren eine zunehmende Rolle spielen.
 
Gentests
Einen weiteren Aspekt der personalisierten Medizin stellen die Direct-to-Customer- Testings (DTCs) dar. Neben den vom Arzt initiierten labormedizinischen Untersuchungen hat sich mit den DTCs ein paralleler Markt entwickelt, bei dem der Patient der unmittelbare Ergebnisempfänger ohne jegliche fachliche Interpretation ist. Die FDA (U. S. Food and Drug Administration) empfiehlt, dass aufgrund der Komplexität der Tests und der Interpretation der Ergebnisse, genetische Tests in registrierten, zertifizierten Laboratorien durchgeführt werden sollten. Zudem sollten die Ergebnisse zeitnah von einem Arzt oder ausgebildeten Berater interpretiert und dem Patienten erklärt werden, der den Wert von genetischen Tests für eine bestimmte Situation versteht.
 
Tumorvakzine
Seitdem man erkannt hat, dass Tumore vielfach immunogen wirken, trat auch die personalisierte Tumorvakzinierung ins Visier der Entwicklung neuer Behandlungsoptionen gynäkologischer Krebserkrankungen. So wurde in mehreren Studien gezeigt, dass die Antitumor-Immunreaktion eine bedeutende Rolle für das Behandlungsergebnis spielte. Für das Ovarialkarzinom konnte so zum Beispiel gezeigt werden, dass das Vorhandensein tumorinfiltrierender Lymphozyten mit einem verbesserten progressionsfreien Überleben assoziiert war. Für das Ovarialkarzinom sind zudem Tumorantigene bekannt, die als potenzielle Ziele einer Peptidvakzinierung fungieren könnten. Auch dendritische Zellen finden Anwendung bei der Impfstoffentwicklung. GH
Quelle: Corey L et al.: Personalized Medicine in Gynecologic Cancer: Fact or Fiction? Surg Oncol Clin N Am 2020; 29(1): 105‐113; doi: 10.1016/j. soc.2019.08.008

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