Das progressionsfreie Überleben (PFS) ist eine Messgröße, anhand derer Arzneimittelbehörden wie EMA und FDA über die Zulassung eines Wirkstoffes entscheiden. Wissenschaftler aus Toronto diskutierten nun in ihrem Meinungsartikel in der Fachzeitschrift JAMA, ob das PFS als adäquater Stellvertreter für das Gesamtüberleben (OS) oder für die Lebensqualität (QoL) herangezogen werden kann und welche Risiken einer Verfälschung es gibt. Auch bei einer hohen Abbruchrate sollte man genauer hinschauen. Anhand eines Modells zeigen die Autoren, wie ein Ungleichgewicht in der Abbruchrate zwischen den Gruppen zu einer Verfälschung führt: Wenn aufgrund einer höheren Abbruchrate in der experimentellen Gruppe die Zahl der Patienten abnimmt, sich in der Kontrollgruppe die Anzahl aber nur marginal ändert, werden geringe Effekte plötzlich signifikant. Eine hohe Abbruchrate kann aber auf eine erhöhte Toxizität zurückzuführen sein.
Praxisbeispiel Everolismus
So wurde z. B. beim fortgeschrittenen Östrogenrezeptor-positiven Brustkrebs im Rahmen der BOLERO-2-Studie die Wirkung von Everolismus bzw. Placebo mit Exemestan bei postmenopausalen Frauen untersucht. Starke Nebenwirkungen führten zu einem Ausschluss von 24 % der Patientinnen der experimentellen Gruppe, bei der Kontrollgruppe lag die Abbruchrate bei nur 6 %, was auf eine Toxizität von Everolismus hindeutet, das PFS unter Everolismus jedoch signifikant verbesserte. In der nachfolgenden Auswertung konnte dagegen keine signifikante Verbesserung des OS gezeigt werden.
Die Autoren schlussfolgern daher, dass eine Neubewertung des PFS notwendig ist, und fordern Onkologen und Gutachter auf, ein besonderes Augenmerk auf solche Artefakte zu legen und Zulassungsstellen darauf hinzuweisen. DM