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Arzt-Depesche 2/2019

Rückruf texturierter Brustimplantate

Kürzlich rief die Firma Allergan alle texturierten Brustimplantate in der EU zurück. In einem Schreiben, das öffentlich verfügbar ist, weist die Firma darauf hin, dass „allein aufgrund dieser Information [dass das CE-Zeichen abgelaufen ist; Anm. d. Red.] die chirurgische Entfernung nicht empfohlen wird.“ Der wahre Hintergrund der Debatte wird dabei mit keinem Wort erwähnt: Es gibt Studien, die auf ein Risiko der Entstehung von anaplastisch-großzelligen Lymphomen (ALCL) im Zusammenhang mit texturierten Brustimplantaten hindeuten. Allergan bietet Patientinnen und ihren behandelnden Gynäkologen mit ihrem Schreiben kaum eine ehrliche Hilfestellung, wie mit der Situation umzugehen ist – zwei Autoren aus dem UK und den USA in einem Editorial im BMJ (British Medical Journal) schon.

In einer Studie mit über 17.000 Patientinnen mit knapp 32.000 texturierten Brustimplantaten kam es in acht Fällen zu einem ALCL (Inzidenz 1 : 4.424 Implantate oder 1 : : 2.207 Patientinnen). Das Risiko scheint bei weniger texturierten Varianten geringer zu sein (ca. 1 : 50.000 bis 1 : 80.000). Die Symptome eines ALCL in Zusammenhang mit einem Brustimplantat können sein:
  • Schwellung um das Implantat herum (Zeichen eines Seroms); bei ca. 80 % der Betroffenen mit ALCL vorhanden
  • Knoten (40 %)
  • Kapselkontraktur (8 %)
  • Rash (2 %)
Patientinnen mit diesen Symptomen sollten zur Abklärung einem Spezialisten vorgestellt werden. Zeigt sich sonographisch eine Flüssigkeitsansammlung um das Implantat herum, sollte diese punktiert, das Serom aspiriert und das Material in die Zytologie gesendet werden. Bei einem ALCL sieht man große anaplastische, CD-30-positive Zellen. Man schätzt, dass ca. 10 % aller Spätserome ein ALCL als Ursache haben. Bei positiver Zytologie empfiehlt sich ein PET-CT. Ist das ALCL auf das Serom und die Implantatkapsel begrenzt, ist die vollständige Kapselektomie mit Implantatentfernung angezeigt. Im frühen ALCL-Stadium kann ein Wiederaufbau mit autologem Gewebe oder runden Glattwand-Implantaten erwogen werden. Eine Lymphknotenbiopsie ist nur bei vergrößerten oder verdächtigen Drüsen notwendig. Bei einigen Patientinnen kann es zu einer metastasierenden Erkrankung kommen. Dann ist eine Chemotherapie mit Brentuximab notwendig. Wird das ALCL frühzeitig erkannt, ist die Prognose exzellent.
Ein Screening von asymptomatischen Patientinnen wird nicht empfohlen, da keine radiologischen Zeichen vor der Serombildung zur Darstellung kommen. Eine prophylaktische Entfernung der Implantate wird nicht empfohlen. CB
Quelle:

Dixon JM, Clemens M: Breast implants and anaplastic large cell lymphoma. BMJ 2018; 363: k5054

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