Urtikaria

Arzt-Depesche 8/2019

Schilddrüsenabklärung nicht vergessen

Möglicherweise liegt der chronischen Urtikaria in einem Teil der Fälle ein maligner Schilddrüsentumor zugrunde. Zu diesem Schluss kamen türkische Wissenschaftler nach Auswertung umfangreicher Patientendaten.
Von einer chronischen Urtikaria spricht man, wenn die Symptome länger als sechs Wochen anhalten.
Forscher von der Universität Istanbul analysierten die Daten von 359 Patienten, bei welchen zwischen 2010 und 2018 im Rahmen der Abklärung einer spontanen oder provozierbaren chronischen Urtikaria eine umfangreiche Schilddrüsendiagnostik durchgeführt worden war. Diese umfasste neben der Bestimmung der freien Schilddrüsenhormone, des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) sowie der Schilddrüsenantikörper auch eine Ultraschalluntersuchung.
Bei 27 Patienten wurde sonografisch ein suspekter Herdbefunde identifiziert und mittels Feinnadelaspirationsbiopsie weiter abgeklärt. In fünf dieser Fälle – hierbei handelte es sich ausschließlich um Frauen – erfolgte aufgrund eines malignen Biopsiebefunds eine totale Thyreoidektomie. Histopathologisch bestätigte sich bei vier Frauen ein okkultes papilläres und bei einer Frau ein okkultes papillär-follikuläres Schilddrüsenkarzinom. Die fünf Tumorpatientinnen waren zwischen 25 und 55 Jahre alt und litten seit vier Monaten bis vier Jahren an der chronischen Urtikaria. In vier Fällen handelte es sich dabei um eine chronische spontane und in einem um eine durch Wasserkontakt getriggerte Erkrankung. Alle Frauen wiesen eine unauffällige Schilddrüsen-Labordiagnostik auf und litten weder an einer Schilddrüsenerkrankung noch an anderen Autoimmunerkrankungen. Ein bis zwei Tage nach der Thyreoidektomie trat bei vier Frauen eine vollständige Remission der Urtikaria ein, die nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 47 Monaten (Variationsbreite sieben Monate bis zwei Jahre) weiter anhielt. Bei der fünften Patientin dauerte es etwa zwei Wochen bis zur völligen Beschwerdefreiheit, die zwei Jahre später ebenfalls andauerte. Angesichts der raschen Symptombesserung nach Thyreoidektomie gingen die Forscher von einem kausalen Zusammenhang zwischen Schilddrüsenmalignomen und der chronischen Urtikaria aus. In verschiedenen anderen Untersuchungen wurde Ähnliches beobachtet.
Die Wissenschaftler empfahlen daher, alle Urtikariapatienten – auch bei unauffälligem Ergebnis der laborchemischen Schilddrüsendiagnostik – mittels Ultraschall auf verdächtige Herdbefunde zu untersuchen. LO
Quelle: Özkaya E et al.: Chronic urticaria associated with occult papillary thyroid carcinoma and dramatic improvement after total thyroidectomy: A retrospective study from Turkey. J Investig Allergol Clin Immunol 2019; doi: 10.18176/jiaci.0435
ICD-Codes: L50.9

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