Lebertransplantation

Arzt-Depesche 8/2020

Spione für akute Abstoßungsreaktionen

Zwar nimmt die Charakterisierung von Biomarkern zur Diagnose und Vorhersage von akuten Abstoßungsreaktionen (ACRs) nach einer Lebertransplantation (LTx) immer mehr Raum in der Forschung ein, bevor diese jedoch in den klinischen ACR- Diagnose-Algorithmus mit eingebaut werden können, müssen sie sich gegenüber den konventionellen Behandlungsstandards in Studien erst noch beweisen.
Obwohl LTx immer erfolgreicher verlaufen, treten während der ersten zwölf Monate nach Transplantation bei bis zu 30 % der Lebertransplantat-Empfänger (liver transplant recipients, LTxR) ACRs auf. Konventionelle Test von Leberverletzungen (liver injury tests, LITs) eignen sich zwar zur Diagnose einer ACR, erlauben jedoch keine genaueren Aussagen zur Genese und zur Stärke der Verletzung des Transplantats, weshalb zur genauen Diagnose immer noch eine invasive Leberbiopsie notwendig ist. Eine Kombination aus der Analyse spezieller Biomarker und konventioneller LITs erhöht die Sensitivität und Spezifität der Beurteilung der ACR vor allem hinsichtlich der Immunantwort. Dabei spielt die Charakterisierung verschiedener transplantationsspezifischer „Omics“-Biomarker aus den Gebieten der Genomik, Proteomik oder Metabolomik eine immer wichtigere Rolle für den Erfolg von LTx.
 
„Omics“ – Tools minimal-invasiver Diagnostik
Durch genomweite Assoziationsstudien (GWAS) sowie Sequenzierungsstudien wurden für die LTx bedeutende genetische Parameter charakterisiert, auf deren Grundlage ein präventives Screening sowie eine Risikostratifizierung erfolgen kann, die Aussagen bezüglich des Transplantationserfolgs erlauben.
Studiendaten zum Nachweis von zellfreier DNS sowie von mikro-RNS (miRNS) zur Charakterisierung des aktuellen Ausmaßes der Leberverletzungen sind vielversprechend.
Anhand der Analyse der Expressionsmuster der Messenger-RNS (mRNS) erhofft man sich Einblicke in die molekularen Prozesse, die einer ACR bei LTxR zugrunde liegen, zu gewinnen und somit noch vor einer klinischen Diagnose in der Lage sein zu können, eine ACR zu erkennen und schneller zu behandeln.
In Studien konnten mittels Spender-spezifischer Antikörper (donor-specific antibodies, DSA) subklinische Transplantatverletzungen bei klinisch stabilen LTxR festgestellt werden. Solche Informationen könnten zur genaueren Anpassung der Immunsuppressionstherapie (IST) genutzt werden.
Die Analyse von Serumproteinen und Metaboliten ermöglicht einen tieferen Einblick in die mit einer Transplantation verbundenen Immunprozesse sowie in Komponenten des biochemischen Stoffwechselweges der Leber, die für eine Abstoßungsreaktion verantwortlich sind.
Die Analyse von Eosinophilen, Zytokinen, Chemokinen, Kleinmolekülen, Mikropartikeln und Untergruppen von T-Zellen im Blut ist ein weiteres minimalinvasives Verfahren bei der Diagnose der ACR. Ein Beispiel hierfür ist das zellbasierende Assay zum Nachweis von allospezifischen CD154+T-zytotoxischen Gedächtniszellen (CD154+TcM), mit welchen in Form eines immunreaktiven Index (IR) eine ACR vorhergesagt werden kann.
 
Risikofaktoren für eine ACR
Einer der potenziellen Risikofaktoren für eine ACR ist die Intrapatient-Variabilität (IPV) der Tacrolimus(TRL)-Spiegel (Tac-IPV) im Blut, wodurch die Stärke der Immunsuppression unkontrolliert schwankt. Aufgrund des sehr engen therapeutischen Fensters und der sehr großen Inter- und Intrapatient-Variabilität ist ein regelmäßiges Monitoring der wirksamen TRL-Spiegel empfohlen. Ein weiteres Risiko birgt das Neuauftreten von Diabetes nach einer Transplantation (new-onset diabetes after transplantation, NODAT), in dessen Pathogenese Calcineurin-Inhibitoren, wie Tacrolimus, eine dominante Rolle spielen. Hierzu gibt es inzwischen Behandlungsprotokolle (s. Abb. 1)
 

 

Auch sozioökonomische Faktoren sind mit zu beachten bei der medikamentösen Einstellung und Kontrolle nach einer Transplantation. GH
Quelle: Kohut TH et al.: Genomics and Liver Transplantation: Genomic Biomarkers for the Diagnosis of Acute Cellular Rejection Liver Transpl. 2020;10.1002/lt.25812. doi:10.1002/lt.25812
ICD-Codes: T86.4

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x