ILC 2020

Arzt-Depesche 8/2020

Transplantation im Fokus

Auf dem Digital International Liver C Congress™ 2020 (ILC) der European Association for the Study of the Liver (EASL) wurden unter anderem aktuelle Daten zum MELD-Na-Score, zur Bedeutung der fäkalen Mikrobiota-Transplantation (FMT) bei alkoholbedingten Lebererkrankungen, aber auch zu frühzeitigen Lebertransplantationen (early liver transplantation, eLT) bei schwerer Alkoholhepatitis (SAH) präsentiert.
MELD-Na-Score
Der Score Model for End-stage Liver Disease (MELD), verwendet zur Einstufung von Lebererkrankungen, wird zur Priorisierung bei der Organzuteilung im Rahmen von Lebertransplantationen genutzt. Forscher der Universität Leiden evaluierten jetzt Daten von 5.000 Patienten mit chronischen Lebererkrankungen der Eurotransplant-Warteliste anhand eines durch Natriumangaben ergänzten MELD-Scores, dem MELD-Na-Score. Sie kamen dabei zu dem Schluss, dass der MELD-Na-Score im Vergleich zum MELD-Score die Chance von Hochrisikopatienten, ein Transplant zu bekommen, erhöhen und somit das Risiko, noch auf der Warteliste stehend zu sterben, verringern kann. So hätten 26,3 % derer, die auf der Warteliste innerhalb von 90 Tagen gestorben waren, laut dem MELD-Na-Score eine höhere Chance gehabt, ein Spenderorgan zu bekommen. Dies entspräche einer 4,9 %igen Reduktion der Mortalität innerhalb der drei Monate auf der Warteliste.
 
FMT bei Lebererkrankungen
Eine bedeutende Rolle von FMT zur Intervention bei alkoholbedingten Lebererkrankungen konnte in einer Pilotstudie an 20 Patienten mit Alkoholproblemen (alcohol use disorder, AUD) und Leberzirrhose, die mehrere fehlgeschlagene Entziehungskuren hinter sich hatten, gezeigt werden. 15 Tage nach der Behandlung zeigte sich bei den Patienten, die eine FMT erhalten hatten, ein verringertes Verlangen nach Alkohol sowie eine Reduktion von allgemeinen und psychosozialen Krankheitssymptomen im Vergleich zur Placebogruppe. Dabei war bei den FMT-Patienten gleichzeitig ein Anstieg der mikrobiellen Vielfalt im Vergleich zur Ausgangslinie zu beobachten.
In einer weiteren Studie konnte in einem Mausmodell gezeigt werden, wie die Darmflora die Entstehung von Leberzellkarzinomen (hepatocellular carcinoma, HCC) beeinflussen kann. Dazu nutzten die Forscher eine genetisch modifizierte NEMOΔhepa Maus, an welcher sie die Progression von der Steatohepatitis zum HCC verfolgten. Durch eine kurzzeitige Modifikation der intestinalen Mikrobenflora gelang es den Forschern, gezielt das Tumormikroenvironment zu beeinflussen sowie Entzündungen und die Steatohepatitis zu verringern. Ausgehend von diesen Daten verspricht man sich neue Therapieoptionen zur Krebsprävention und auch Behandlung.
 
Bezafibrat verlängert transplantationsfreies Überleben
In einer japanische Kohortenstudie konnte gezeigt werden, dass die Kombination aus Bezafibrat und Ursodesoxycholsäure (ursodeoxycholic acid, UDCA) das transplantationsfreie Überleben bei Patienten mit primär biliärer Cholangitis (PBC) verlängerte im Vergleich zur alleiniger UDCA-Gabe. In der retrospektiven Analyse waren 8.180 PBC-Patienten, von denen 6.087 (74 %) eine UDCA-Monotherapie und 943 (12 %) die Kombinationstherapie aus UDCA und Bezafibrat erhalten hatten, eingeschlossen. 1.133 (14 %) bekamen keine Therapie und 17 Patienten eine Bezafibrat-Monotherapie. Während die Patienten mit der UDCA- Monotherapie ein geringeres Sterberisiko und ein geringeres Risiko aufwiesen, einer Transplantation unterzogen werden zu müssen als die Patienten ohne Behandlung, verringerte die Hinzunahme von Bezafibrat zu UDCA dieses noch weiter.
 
eLTx bei SAH
Bei ernsthafter therapierefraktärer Alkoholhepatitis (severe alcoholic hepatitis, SAH) liegt die sechsmonatige Mortalitätsrate bei mehr als 70 %. Eine frühzeitige Lebertransplantation (early liver transplantation, eLTx) bei SAH stellt eine Therapieoption dar, die jedoch in prospektiven kontrollierten und gut designten Studien noch genauer evaluiert werden muss. In einer ersten solchen Studie lag die Rückfallrate nach eLTx bei Patienten mit SAH bei 33,8 % im Vergleich zu 24,7 % der Patienten mit alkoholbedingter Zirrhose. Mit 82,8 vs. 28,2 % bei eLTx im Vergleich zu Nicht-eLTx führte eine eLTx zu einer drastischen Verbesserung der Überlebensrate bei Patienten mit SAH. GH
ICD-Codes: K70.1 , K83.0

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