Atopische Dermatitis

Arzt-Depesche 8/2019

Trigger durch Sexualhormone?

Aufgrund ihrer immunmodulatorischen Wirkung wird Sexualhormonen inzwischen eine entscheidende Rolle in der Pathogenese der atopischen Dermatitis (AD) nachgesagt. Ein Review fasst das aktuelle Wissen zusammen.
Die atopische Dermatitis ist eine multifaktorielle Erkrankung, hauptsächlich charakterisiert durch eine gestörte Hautbarriere, Pruritus sowie eine TH2(- Typ-2-T-Helferzelle)-gerichtete Immunantwort mit vermehrtem Nachweis von T22-Zellen in den betroffenen Hautarealen. Bei akuten ekzematösen Läsionen wurde außerdem eine Infiltration von TH-17-Lymphozyten beobachtet.
Dabei gibt es zahlreiche Hinweise, dass Sexualhormone die Pathogenese der AD beeinflussen. Während die Prävalenz der AD im Kindesalter bei Jungen höher ist als bei Mädchen (8,7 vs. 5,6 % bei niederländischen Kindern), kehrt sich dieses Verhältnis nach der Pubertät um (6,04 vs. 8,01 % bei europäischen Männern vs. Frauen). Auch zeigen vielen Patientinnen mit AD eine zyklusabhängige Verschlechterung der Symptomatik.
Studien am Mausmodell sowie in-vitro-Untersuchungen am Menschen lassen vermuten, dass männliche Sexualhormone einen protektiven Effekt auf die Entwicklung der AD ausüben, weibliche Sexualhormone hingegen die AD begünstigen. So wurde gezeigt, dass Östradiol und Progesteron aktivierend auf TH2- und regulatorische T-Zellen wirken. Gleichzeitig werden TH1- und TH17-Lymphozyten inhibiert. Auf die Hautbarriere hat Östradiol zwar einen positiven Einfluss, in Kombination mit Progesteron wird dieser Effekt jedoch ins Gegenteil gekehrt, was als mögliche Ursache der prämenstruellen Exazerbationen der AD diskutiert wird.
Im Gegensatz dazu wirken Androgene größtenteils immunsuppressiv, indem sie die Differenzierung von TH1-, TH2- sowie TH17-Zellen unterdrücken und T-regulatorische Zellen induzieren.
Die im Kindesalter geringere AD-Prävalenz bei Mädchen erklärt sich möglicherweise aus dem bei Frauen von Natur aus höheren Dehydroepiandrosteron (DHEA)-Plasmaspiegel, der die TH1/TH2-Immunbalance zugunsten von TH1 verschiebt und somit der AD entgegenwirkt – ein Effekt, der nach der Pubertät wahrscheinlich durch die vermehrte Sekretion von Sexualhormonen und deren immunmodulatorischer Wirkung nivelliert wird. RG
Quelle: Kanda N et al.: The Roles of Sex Hormones in the Course of Atopic Dermatitis. Int J Mol Sci 2019; pii: E4660; doi: 10.3390/ijms20194660

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