Zervixkarzinom

Arzt-Depesche 5/2020

Zervikale Dysplasie: Interaktionen zwischen Vaginalflora und HPV

Die Zusammensetzung der Vaginalflflora hat bekanntlich Bedeutung für die Scheidengesundheit. Abweichungen vom Normalzustand begünstigen nicht nur eine bakterielle Vaginose, sondern können auch die Folgen einer HPV-Infektion beeinflflussen.
Man weiß, dass eine persistierende Infektion mit Hochrisikostämmen des humanen Papillomvirus (HPV) zu einer Zervix- Dysplasie und zum Karzinom führen kann. Dieser pathophysiologische Weg wird aber längst nicht immer beschritten. Neuere Erkenntnisse sprechen dafür, dass für die Prognose einer solchen Infektion das zervikovaginale Mikrobiom eine wichtige Rolle spielt.
Eine überwiegend schwedische Arbeitsgruppe ging der Frage nach, welche spezifische Zusammensetzung der Vaginalflora eine HPV-Infektion und deren mögliche Folgen begünstigt. Dazu wertete man mit der Methode der Netzwerk-Metaanalyse die zu diesem Thema veröffentliche Literatur aus. In den berücksichtigten Arbeiten wurden die gefundenen Bakterien mit molekularen Techniken auf Speziesebene identifiziert.
Die Auswertung ergab, dass eine Vaginalflora, die von Nicht-Laktobazillen-Spezies dominiert wurde, mit einer um den Faktor 3 bis 5 höheren Wahrscheinlichkeit für eine HPV-Infektion und mit einem zweibis dreifach höheren Risiko für das Vorliegen von Hochrisiko-HPV und für eine Entwicklung von Dysplasie oder Karzinom assoziiert war, verglichen mit einem von der harmlosen Spezies Lactobacillus crispatus dominierten Milieu. Der Zusammenhang basiert möglicherweise auf den unterschiedlichen Fähigkeiten der Vaginalbakterien, Milchsäure zu produzieren. Deren D-Isoform scheint HPV daran zu hindern, den Zervixschleim zu durchdringen, während das bei der L-Isoform nicht der Fall ist. Auch der pH-Wert in der Scheide spielt eine wichtige Rolle für die HPVPathogenität. Die genauere Bestimmung der Vaginalflora könnte sich als ein Marker für Frauen erweisen, bei denen man häufiger als sonst auf Zervixdysplasie untersuchen sollte. WE
Quelle: Norenhag J et al.: The vaginal microbiota, human papillomavirus and cervical dysplasia: a systematic review and network meta-analysis. BJOG 2020; 127: 171-180

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