Mammakarzinom

Arzt-Depesche

Optimierte Nachsorgebehandlung bei Brustkrebs nach pathologischem Komplettansprechen

In der vorliegenden Arbeit wird die Optimierung der post-neoadjuvanten Therapie bei Patientinnen mit HER2(human epidermal growth factor receptor 2)-positivem oder triple-negativem Mammakarzinom anhand der pathologisch kompletten Remission (pCR) und darüber hinaus diskutiert.

Die neoadjuvante Chemotherapie (NACT) in Kombination mit Pembrolizumab oder den gegen den humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 (HER2) gerichteten Wirkstoffen Trastuzumab und Pertuzumab ist die Standardtherapie für Patienten mit entweder triple-negativem oder HER2-positivem Brustkrebs im Stadium II bis III. Nach neoadjuvanter Therapie erreichen etwa 50%-65% dieser Patienten eine pathologische komplette Remission (pCR), definiert als Abwesenheit von invasivem Krebsgewebe im Brustgewebe und in den Lymphknoten zum Zeitpunkt der Operation. Die pCR hat einen prognostischen Wert auf Patientenebene, da sie positiv mit dem krankheitsfreien Überleben (DFS) und dem Gesamtüberleben (OS) assoziiert ist. Nach einer großen patientenbezogenen Poolanalyse liegt die 3-Jahres-Ereignisfreie Überlebensrate (EFS) in diesem Zusammenhang bei ca. 95%, so dass ein Teil der Patienten mit pCR voraussichtlich einen Rückfall der Erkrankung erleiden wird. Die Herausforderung bei pCR besteht also darin, die wenigen Hochrisikopatienten, die eine Intensivierung der Therapie benötigen, von denjenigen zu unterscheiden, die aufgrund ihres günstigen Verlaufs einer Übertherapie ausgesetzt sein könnten. Ziel der risikoadaptierten Therapieoptimierung ist es, die Behandlungslast zu reduzieren und damit die Verträglichkeit, die Lebensqualität und die gesundheitsökonomische Belastung zu verbessern, ohne das Überleben zu beeinträchtigen. Eine Dosisreduktion sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn die folgenden klinischen und methodischen Voraussetzungen erfüllt sind: Eine günstige Prognose, die die niedrigste effektive Behandlungsdosis/-strategie rechtfertigt; ein signifikantes Gleichgewicht zwischen Nutzen und Nebenwirkungen der Behandlung; und ein kurzfristiger Surrogatendpunkt (z. B. pCR), der mit relevanten langfristigen klinischen Ergebnissen auf Patientenebene assoziiert ist. So muss z.B. die in der KEYNOTE-522 erzielte leichte Verbesserung der Ansprechrate von nur 2% gegenüber Placebo gegen die Toxizität von Pembrolizumab abgewogen werden - im post-neoadjuvanten Zeitfenster wurde eine 3,6%ige Zunahme therapiebedingter unerwünschter Ereignisse vom Grad 3 bis 5 beobachtet, darunter zwei Todesfälle durch Lungenembolie und Autoimmun-Enzephalitis.
Die Akzeptanz bei Patienten und Gesundheitsdienstleistern bei der Therapieent-scheidung ist ebenfalls zu beachten. Die Einstellung der Patienten kann von therapeutischem Optimismus bis hin zu Skepsis reichen, je nach individuellen Werten, Prioritäten und Erwartungen. Die Geschwindigkeit der Studienrekrutierung für klinische Studien kann teilweise auch durch die Befürchtung der Ärzte beeinflusst werden, dass nicht richtig ausgewählte Patientinnen nicht ausreichend behandelt werden. Diese unterschiedlichen Einstellungen unterstreichen die Bedeutung der Beratung, bei der Ärzte umfassende Informationen über Nutzen, Schaden und wissenschaftliche Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Behandlungsmodulation bereitstellen sollten. Darüber hinaus ist ein erheblicher Kommunikationsaufwand mit angemessener Terminologie und Verständnis der Patientenperspektive im Hinblick auf eine gemeinsame Entscheidungsfindung erforderlich. Ein weiterer Punkt ist die Kosteneffizienz und finanzielle Belastung. Klinische Studien berücksichtigen selten ökonomische Metriken als Endpunkte, und es gibt keinen offensichtlichen Konsens über eine Kosteneffektivitätsschwelle, die zusätzliche Ausgaben rechtfertigen würde. Die finanzielle Belastung der Patienten ist jedoch ein Gesundheitsfaktor, der sich sowohl auf die Lebensqualität als auch auf das Überleben, die wichtigsten patientenzentrierten Endpunkte, auswirkt. Die Entwicklung einer Optimierungsstrategie sollte durch klinische Studien unterstützt werden, die die Fragestellung mit klinischer Äquivalenz behandeln, d. h. idealerweise die Nichtunterlegenheit von OS und Le-bensqualität nachweisen. Häufig sind die Definition einer perfekten Nichtunterlegenheitsschwelle und die großen Stichprobengrößen, die zum Nachweis eines klinisch signifikanten Unterschieds in den Ergebnissen erforderlich sind, Hürden für das Design von Nichtunterlegenheitsstudien. Insgesamt lässt sich sagen, dass eine pCR nach neoadjuvanter Therapie bei Brustkrebs zwar häufig mit einer ausgezeichneten Prognose assoziiert ist, aber nicht vollständig das Outcome der Patienten widerspie-gelt. Die Optimierung der postneoadjuvanten Therapie erfordert eine Stratifizierung des Rezidivrisikos unter Berücksichtigung von Tumorstadium und Gewebe-/zirkulatorischen Biomarkern und sollte durch klinische Studien mit rigorosem Design, patientenzentrierten Endpunkten und internen Kontrollarmen vorangetrieben werden. In der Tat ist die umfassende Umsetzung einer patientenzentrierten Perspektive auf die Heilung der vielversprechendste Weg, um einen umfassenden Nutzen für jeden einzelnen Patienten zu erzielen. GFI

Quelle: Valenza C et al.: Optimizing Postneoadjuvant Treatment in Patients With Early Breast Cancer Achieving Pathologic Complete Response. J Clin Oncol. 2024 Apr 3:JCO2301935. doi: 10.1200/JCO.23.01935
ICD-Codes: C50
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