Nebenwirkungen

Arzt-Depesche

Pharmazeuten in die medikamentöse Behandlung von Krebspatienten mit einbeziehen

Vorgestellt wurden Daten aus dem 2015 gestarteten Medication Reconciliation (MR)-Programm des Bergoni‘e-Instituts (Bordeaux, Frankreich), dessen Ziel es ist, die Anzahl relevanter Arzneimittelinteraktionen (DDIs) zu bestimmen, die durch MR in Studienprotokollen identifiziert werden können.  

Zwischen September 2015 und Februar 2020 wurden insgesamt 501 MR in 79 klinischen Studien durchgeführt. Bemerkenswerterweise betrafen 95,3% der MR Patienten, die für die Teilnahme an einer Phase-I-Studie in Frage kamen. Im Rahmen des MR-Verfahrens wurden insgesamt 2.915 medikamentöse Behandlungen und alternative Heilmethoden erfasst. Die durchschnittliche Anzahl der Behandlungen pro Patient wurde mit fünf angegeben, wobei die Spanne von 0 bis 18 reichte. Aufgeteilt nach Indikationen entfielen 48% der erfassten Arzneimittel auf Behandlungen von Komorbiditäten, 28,8% auf supportive Behandlungen und 23,2% auf Selbstmedikation und alternative Heilmittel. Bei der Einteilung nach ATC-Klassen waren Behandlungen des Nervensystems mit mindestens 78% der Patienten am häufigsten, gefolgt von Behandlungen des Magen-Darm-Traktes und des Stoffwechsels (A) mit 61,7% der Patienten. Was die therapeutischen Klassen betrifft, so waren Analgetika wie Ibuprofen und Ketoprofen die am häufigsten verwendeten Behandlungsformen. Sie rangierten vor Benzodiazepinen und verwandten Medikamenten sowie Protonenpumpeninhibitoren (PPI). 64,7% der Patienten verwendeten Selbstmedikation und 21% alternative Arzneimittel. So wurde z.B. Desmodium zur Entgiftung der Leber und Kurkuma zur Krebsprävention eingesetzt. Probiotika wurden vor allem zur Stuhlregulierung verwendet. Mit der MR-Methode konnten 35,2% der von den Patienten eingenommenen Medikamente identifiziert werden, die dem klinischen Team nicht bekannt waren. Bei der Hälfte (50,9%) der mit der MR-Methode erfassten Medikamente handelte es sich um solche, die von den Patienten ad hoc eingenommen wurden. Anhand des MR konnten fast alle von den Patienten verwendeten alternativen Arzneimittel identifiziert werden. Bei 37,7% der Patienten konnten insgesamt 360 DDIs identifiziert werden, die gemäß den Studienprotokollen als klinisch relevant eingestuft wurden. 346 Behandlungen oder alternativmedizinische Produkte waren von diesen Wechselwirkungen betroffen, wobei 188 Behandlungen eine engmaschige Überwachung klinischer und laborchemischer Parameter erforderten und 158 Behandlungen durch das Studienprotokoll verboten waren. Von letzteren wurden 71,5% mit Hilfe des MR aufgedeckt. Die meisten der entdeckten Interaktionen waren pharmakokinetischer Natur und machten 45,3% aller Interaktionen aus. Pharmakodynamische Interaktionen machten 20,6% der Interaktionen aus, während 32,8% der Interaktionen auf alternative Arzneimittel zurückzuführen waren. 55,2% der alternativen Arzneimittel wiesen mindestens eine Wechselwirkung auf. Insgesamt unterstreichen die Studiendaten die Bedeutung des MR in klinischen Studien. Er kann die Sicherheit der Studienteilnehmer erhöhen und die Datenqualität verbessern, was diesen für Studiensponsoren wertvoll macht. Es zeigt auch, wie nützlich die Einbeziehung von Apothekern in den Prozess der Arzneimittelanpassung für klinische Studien sein kann, indem potenziell schädliche DDIs im Voraus identifiziert werden.  GFI

Quelle: Malifarge L et al.: Impact of Medication Reconciliation in Oncology Early Phase Studies: A Drug-Drug Interaction Retrospective Study. JCO Oncol Pract. 2024 Mar;20(3):386-92
ICD-Codes: C90.0
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