Kasuistik

Arzt-Depesche

Adagrasib-Behandlung nach Sotorasib-bedingter Hepatotoxizität ist vielversprechend

Das primäre Ziel der Studie bestand darin, die Sicherheit von Adagrasib, einem Inhibitor von KRASG12C, nach dem Absetzen von Sotorasib aufgrund von Leberschäden anhand von realen Praxisdaten und klinischen Studiendaten zu untersuchen. Hierfür wurden Charakteristika, Behandlungsgeschichten und historische Ergebnisse von fünf realen Fallbeispielen sowie die Behandlungsverläufe, Dosierungen und Reaktionen der individuellen Patienten vorgestellt. 

Patient 1 hatte zum Zeitpunkt der Diagnose Hirnmetastasen und war vor Adagrasib mit sechs Schemata behandelt worden. Sotorasib, ein Inhibitor von mutiertem KRAS (Kirsten Rat Sarcoma Virus), war in der Zweitlinientherapie mit einer partiellen Remission (PR) assoziiert. Trotz mehrfacher Dosisreduktionen von Sotorasib mussten nachfolgende Therapielinien aufgrund erhöhter Aspartat-Alanin-Aminotransferase-Werte (AST/ALT) abgebrochen werden. Der Patient begann daraufhin die siebte Therapielinie mit Adagrasib, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch andauerte. Der Zeitraum zwischen dem Ende der Sotorasib-Behandlung und dem Beginn der Adagrasib-Behandlung betrug 65 Tage. Das Ansprechen nach 172 Tagen Behandlung mit Adagrasib war PR. Der Patient hatte unter Adagrasib zwei behandlungsbedingte unerwünschte Ereignisse (TRAE) vom Grad 1 (Diarrhoe und Dyspnoe) und ein TRAE vom Grad 2 (Übelkeit/Erbrechen), die alle am ersten Tag der Behandlung mit Adagrasib auftraten. Die TRAEs wurden mit Prochlorperazin (Übelkeit und Erbrechen) und Loperamid (Diarrhoe) behandelt. Zum Zeitpunkt des Datenschnitts war der Patient am Leben und stabil mit normalen AST/ALT-Werten, die während der Behandlung mit Adagrasib aufrechterhalten wurden. 
Patient 2 hatte zum Zeitpunkt der Diagnose asymptomatische, stabile Hirnmetastasen und wurde vor Adagrasib mit zwei Therapielinien behandelt. Die Gesamtbehandlungsdauer mit Sotorasib betrug 46 Tage bei stabilem Ansprechen (SD), wurde aber schließlich nach der zweiten Therapielinie aufgrund eines Anstiegs von AST/ALT abgesetzt. Sechzehn Tage nach Absetzen von Sotorasib begann der Patient mit der Behandlung mit Adagrasib. Unter Adagrasib trat nach 16 Tagen eine therapiebedingte Diarrhö vom Grad 2 auf, die mit Loperamid behandelt und nach sieben Tagen auf Grad 1 reduziert wurde. Nach 42 Tagen kam es zu einem therapiebedingten Anstieg des Kreatinins auf Grad 1. Trotz Dosisreduktion von Adagrasib blieben sowohl die Diarrhoe als auch die erhöhten Kreatininwerte bis zum Zeitpunkt des Datenschnitts unter supportiver Therapie bestehen. Das Ansprechen nach 98 Tagen Behandlung mit Adagrasib war SD. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung war der Patient am Leben und stabil. 
Patient 3 hatte ein rezidivierendes metastasiertes Adenokarzinom der Lunge und bereits drei systemische Therapien erhalten, bevor er mit der vierten Therapie, Adagrasib, behandelt wurde. Die Gesamtbehandlungsdauer mit Sotorasib betrug 70 Tage bei stabilem Ansprechen (SD), die Behandlung wurde jedoch aufgrund eines Grad-3-Anstiegs der AST/ALT-Werte abgebrochen. Als Drittlinientherapie wurde ein Zyklus Docetaxel verabreicht, was zu einer sofortigen Progression der subkutanen Metastasen führte. Daraufhin begann der Patient nach 37 Tagen mit Adagrasib als vierte Therapie. Aufgrund von Durchfall und Verstopfung wurde die Dosis von Adagrasib nach 43 Tagen reduziert. Obwohl eine weitere Episode von therapiebedingter Diarrhö auf Grad 3 eskalierte, kam es unter Adagrasib zu keinem weiteren Anstieg von AST/ALT. Die Gesamttherapiedauer betrug 138 Tage bei stabilem Ansprechen (SD). Zum Zeitpunkt der Datenerhebung war der Patient am Leben und stabil. 
Patient 4 hatte vor Beginn der Drittlinientherapie mit Adagrasib bereits zwei Vortherapien erhalten. Die Gesamtbehandlungsdauer mit Sotorasib betrug 160 Tage bei stabilem Ansprechen (SD). Sotorasib wurde aufgrund von Leberschäden abgesetzt. Der Patient begann 24 Tage nach Absetzen von Sotorasib mit der Einnahme von Adagrasib. Unter Adagrasib kam es zu einer behandlungsbedingten Diarrhö des Grads 1 (behandelt mit Diät und Loperamid) und zu einer behandlungsbedingten Müdigkeit des Grads 2, welche auch zum Zeitpunkt der Datenerhebung andauerten. Der Patient hatte zudem eine Appetitminderung des Grades 2, die sich nach zwei Monaten auf Grad 1 verbesserte. Alle TRAEs traten erstmals 21 Tage nach Beginn der Behandlung mit Adagrasib auf und erforderten keine Dosisreduktion. Das Ansprechen nach 110 Tagen Behandlung mit Adagrasib war SD. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung war der Patient am Leben und stabil. 
Patient 5 hatte bereits vier vorherige Therapieregime erhalten, bevor er mit Adagrasib als fünfter Therapielinie begann. Die Gesamtbehandlungsdauer mit Sotorasib in der Zweitlinie betrug 57 Tage mit einem Ansprechen in partieller Remission (PR). Diese Behandlung wurde jedoch wegen wiederkehrender Leberschäden endgültig abgebrochen. Der Patient begann 176 Tage nach Absetzen von Sotorasib mit Adagrasib. Unter Adagrasib traten keine behandlungsbedingten Leberschäden auf, die Behandlung wurde jedoch aufgrund einer Krankheitsprogression (PD) abgebrochen. Die Gesamtdauer der Behandlung mit Adagrasib betrug 133 Tage. Der Patient war zum Zeitpunkt der Datenerhebung verstorben. 
Bei allen fünf Patienten wurde über eine schwere Hepatotoxizität unter Sotorasib berichtet, das zwischen 19 und 64 Tagen nach Gabe eines Checkpoint-Inhibitors (CPI) verabreicht wurde. Diese Hepatotoxizität führte in allen fünf Fällen Abbruch der Behandlung. Keiner dieser Patienten erlitt eine therapiebedingte Hepatotoxizität mit nachfolgender Behandlung mit Adagrasib. Zusätzlich lagen Daten von 12 Patienten aus der KRYSTAL-1-Studie vor, die zuvor Sotorasib erhalten hatten und von denen drei eine schwere Sotorasib-bedingte Hepatotoxizität aufwiesen. Alle drei Patienten hatten innerhalb von 31 Tagen nach CPI mit Sotorasib begonnen. Von diesen drei Patienten entwickelten zwei eine Hepatotoxizität unter Adagrasib, von denen jedoch keiner eine Steroidtherapie zur Behandlung des Ereignisses benötigte. Bei einem Patienten kam es zu einem vorübergehenden Anstieg der AST/ALT-Werte (maximal Schweregrad 3), der durch Therapieunterbrechung und Dosisreduktion behoben wurde. Beim zweiten Patienten kam es zu vorübergehenden Erhöhungen von AST/ALT und alkalischer Phosphatase (ALP). Alle Ereignisse waren vom Grad 1, wobei nur die Erhöhung der ALP bis zum Zeitpunkt der Datenerhebung andauerte. Die meisten (7 von 8) der hier berichteten Patienten erhielten Sotorasib innerhalb von 60 Tagen nach Pembrolizumab. 
In der vorliegenden Fallserie traten bei den meisten Patienten, die Sotorasib aufgrund von Leberschäden abgesetzt hatten, unter Adagrasib keine Leberschäden auf. Dies und allgemeinere Berichte über Leberschäden aus CodeBreaK 200 und KRYSTAL-1 sowie vorläufige Ergebnisse aus KRYSTAL-7 deuten darauf hin, dass Adagrasib eine gangbare Option ist, wenn Leberschäden ein Problem darstellen.   GFI

Quelle: Luo J et al.:  JCO Precis Oncol. 2024 Apr;8:e2300644. doi: 10.1200/PO.23.00644
ICD-Codes: C34.
Urheberrecht: Adobe Stock - molekuul.be

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x