Krebsnachsorge

Arzt-Depesche

Organisation der Krebsnachsorge in Deutschland

Vorgestellt wird die fragebogenbasierte Studie „Nachsorge bei Blutkrebsüberlebenden“ (ABC, Aftercare in Blood Cancer Survivors), die zum Ziel hatte, Muster der Nachsorge in Deutschland zu identifizieren und verschiedene Typen von Nachsorgeeinrichtungen zu vergleichen. 

Insgesamt wurden 80% der 1.551 an der Studie teilnehmenden Patienten mit vollständig dokumentierten Nachsorgebesuchen von Universitätsonkologen, 13% von niedergelassenen Onkologen und 7% von Hausärzten behandelt. Das Krankheitsspektrum war in den drei Nachsorgeeinrichtungen unterschiedlich. Patienten mit hohem Rezidivrisiko wie diejenigen mit indolentem Non-Hodgkin-Lymphom (iNHL)/ chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) oder therapiebedingten Langzeitproblemen z.B. nach allogener Stammzelltransplantation (alloTx) wurden überwiegend in Universitätskliniken betreut (80-90%). Im Gegensatz dazu wurden Patienten in stabilem Zustand mit Erkrankungen, die eine kontinuierliche Überwachung mit oder ohne orale Erhal-tungstherapie erfordern, wie Patienten mit monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS), multiplem Myelom (MM), myeloproliferativen Neoplasien (MPN) /chronischer myeloischer Leukämie (CLL), häufig von niedergelassenen Onkologen betreut. Die von Hausärzten betreuten Überlebenden hatten in der Regel eine heilbare Vorerkrankung und befanden sich in stabiler Langzeitremission wie 10-30% derer mit vorangegangenem aggressiven Non-Hofgkins-ymphom (aNHL) oder Hodgkins Lymphom (HL) oder akuter myeloischer Leukämie (AML)/ akuter lymphatischer Leukämie (ALL). Die wenigen iNHL/CLL- oder AlloTx-Patienten, die von Hausärzten betreut wurden, schienen eine besonders günstige Untergruppe darzustellen, da behandlungsbedingte chronische Krankheitszustände nicht berichtet wurden und Rückfälle selten waren. Somit war ein wichtiges Ergebnis des retrospektiven Teils der ABC-Studie die Identifizierung der drei Gruppen von Nachsorgeanbietern: akademische Onkologen an Universitätskliniken, niedergelassene Onkologen, die in Privatpraxen oder in Klinikambulanzen arbeiteten, sowie niedergelassene Allgemeinmediziner, nicht-onkologisch tätige Internisten und andere Ärzte ohne onkologische Spezialisierung, letztgenannte zusammengefasst als Hausärzte. Entsprechend variierte auch das Krankheitsspektrum zwischen den drei Einrichtungen. Die Erkennung von Rezidiven und Folgeerkrankungen wurde von allen Ärzten durchgängig als wichtigstes Ziel der Nachsorge angesehen. Am häufigsten wurden Nachsorgebesuche von akademischen Onkologen dokumentiert (54,9%), gefolgt von niedergelassenen Onkologen (39,0%) und Hausärzten (25,1%). Die Onkologen stützten sich in erster Linie auf die prägnanten Leitlinien „Onkopedia“ der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (74,0%), dicht gefolgt von den umfassenderen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland (61,3%). Einige Onkologen (12,6%) verwendeten auch internationale Leitlinien. Nicht-onkologische Internisten (66,7%) und Allgemeinmediziner (65,2%) nutzen hauptsächlich Informationen von Ärzten, die ihre Patienten zuvor behandelt hatten. Im Vergleich zu den Allgemeinmedizinern (24,9%) verließen sich Onkologen (58,0%) und Internisten (51,9%) häufiger auf Kenntnisse, die sie während ihrer ärztlichen Weiterbildung erworben hatten. Mit Ausnahme der akuten Infektionen gab es keine signifikanten Unterschiede in den Erkennungsraten der Erkrankungen zwischen den drei Arten von Nachsorgeeinrichtungen. Die Beratung zur Krankheitsprävention wurde von Hausärzten häufiger durchgeführt als von akademischen oder niedergelassenen Onkologen. Statistisch signifikante Unterschiede ergaben sich dabei bei Krebsvorsorgeuntersuchungen, Untersuchungen betreff kardiovaskulärer Risikofaktoren und Impfungen. Hausärzte sprachen zudem psychosoziale Probleme und Sexualität signifikant häufiger an als akademische oder niedergelassene Onkologen. Bei Infektionen war es umgekehrt. Die körperliche Untersuchung wurde von akademischen Onkologen (84,1%) und Hausärzten (80,4%) häufiger durchgeführt als von niedergelassenen Onkologen. Laboruntersuchungen wurden häufiger von akademischen Onkologen als von niedergelassenen Onkologen oder Hausärzten veranlasst. Andererseits wurden bildgebende Untersuchungen von Hausärzten häufiger angeordnet als von akademischen Onkologen oder niedergelassenen Onkologen. Das Gleiche galt für Elektrokardiographie und Echokardiographie. Andere Tests zur Organfunktion wurden selten durchgeführt. Während die Lebensqualität bei Patienten, die auf die Nachsorge verzichteten, signifikant besser war als bei Patienten, die sie in Anspruch nahmen, gab es keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen den drei Nachsorgeeinrichtungen. 
Insgesamt wurden somit Patienten mit einem hohen Risiko für Rezidive oder Spätkomplikationen bevorzugt von akademischen Onkologen behandelt, während Patienten in stabilem Zustand, die einer kontinuierlichen Überwachung bedurften, auch von niedergelassenen Onkologen gesehen wurden. GFI

Quelle: Lax H et al.: Patterns of follow-up care in adult blood cancer survivors-Prospective evaluation of health-related outcomes, resource use, and quality of life. Cancer Med. 2024 Apr;13(7):e7095. doi: 10.1002/cam4.7095
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