Mediziner im Labor forschen

Präklinische Forschung in der Onkologie

Arzt-Depesche 1/2022

Wie gut sind präklinische Forschungsergebnisse reproduzierbar?

„Kann man allen Resultaten aus der präklinischen Krebsforschung vertrauen?“ - fragten sich auch die Autoren einer Arbeit, die über die Ergebnisse eines großangelegten über acht Jahre andauernden Projektes berichteten, indem versucht wurde, systematisch Resultate von veröffentlichten Spitzenarbeiten aus der Krebsforschung zu reproduzieren. Es traten Zweifel an der Qualität der translationalen Forschung auf.

Im Rahmen des Reproduzierbarkeitprojektes:Krebsbiologie (RP:CB) gelang es nur 46 % der wiederholt durchgeführten Experimente zu reproduzieren. Von den initial anvisierten 193 zu wiederholenden Experimenten aus 53 Top-Wissenschaftszeitschriften, gelang es, 50 Experimente aus 23 Zeitschriften zu replizieren. Die Effektstärke war zudem im Durchschnitt um 85 % niedriger als in den initialen Arbeiten dokumentiert. Tierversuche liefen dabei schlechter als in vitro Experimente.
In vielen Arbeiten fehlten Daten für statistische Auswertungen. So waren nur in vier von 193 Experimenten Daten verfügbar, um die Effektstärke und statistische Power-Analysen durchführen zu können. Trotz Nachfrage bei den Autoren war es nur in 68 % der Experimente möglich, diese Daten im Nachhinein zu bekommen. Zudem war keines der 193 Experimente in der Originalarbeit ausführlich genug beschrieben wurden, um es wiederholen zu können. Auf Rückfrage bei den Autoren der Originalarbeiten waren diese in 41 % der Experimente sehr hilfsbereit, in 9 % - weniger unterstützend, in 32% der Versuche  gewährten diese jedoch keinerlei Hilfe oder antworteten gar nicht erst auf Anfragen. Hinzu kam, dass 67 % der begutachteten Versuchsprotokolle modifiziert werden mussten, um eine erfolgreiche Durchführung zu garantieren. Nur 41 % dieser Modifikationen konnte dann auch angewandt werden.
Die Gründe für die niedrige Replizierbarkeit der Experimente können vielseitig sein, lassen sich hier im Einzelnen aber nicht genau darstellen und beweisen. Die Autoren gehen hingegen davon aus, dass es genügend Hinweise dafür gibt, wie die derzeitige Forschungslandschaft dysfunktionale Anreize und Praktiken schafft und aufrechterhält, die die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit generell verringert. Inzwischen werden aber auch schon Reformschritte entwickelt, die sich  diesen Herausforderungen widmen und potentiell die Reproduzierbarkeit verbessern könnten, so die Autoren. GH
Quelle:

Errington TM et al: Investigating the replicability of preclinical cancer biology.
Elife. 2021 Dec 7;10:e71601

Urheberrecht: Adobe Stock - alphaspirit

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x