PRS Polygenetischer Risikoscore

Brustkrebsvorsorge

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Polygene Risikoscores zur Brustkrebsrisikostratifizierung

Studien zu genetischen Risikofaktoren wie polygenetischen Risikoscores (PRS) für Brustkrebs (BC), familiärer Prädisposition und pathogenetischen Varianten (PVs) in Suszeptibilitätsgenen deuten auf das Potenzial hin, personalisierte Screeningverfahren auf der Basis individueller Risikoprofile zu entwickeln. Die Anwendbarkeit dieser genetischen Risikofaktoren, insbesondere des kürzlich identifizierten PRS, in realen Screening-Daten wurde nun in einer Studie aus Finnland untersucht. 

In einer longitudinale Analyse von Echtzeitdaten wurden polygenetische Risikoscores (PRS), familiäre Belastung (FH) und pathogene Varianten (PVs) für eine stratifizierte Untersuchung bewertet. Genutzt wurde dafür FinnGen (n = 117.252), eine umfassende finnische Genomik-Initiative, verknüpft mit Daten aus dem Mass Screening Register für Brustkrebs aus den Jahren 1992-2019. Dieses Register dokumentiert das landesweit alle zwei Jahre organisierte Brustkrebs-Screening für Frauen im Alter von 50-69 Jahren. Bewertet wurde die Screening-Leistung eines PRS für Brustkrebs und verglichen mit der familiären Belastung durch Brustkrebs sowie mit pathogenen Varianten in Genen, die ein moderates bis hohes Risiko für Brustkrebsanfälligkeit aufweisen. Durch die stratifizierte Einteilung der drei Risikofaktoren in drei Altersgruppen zeigten die Hazard-Ratios (HR) für PRS, PV und FH einen Abfall mit steigendem Alter, wobei die höchsten Effekte in der Gruppe vor dem Screeningalter auftraten. Es wurden ähnliche Muster und Effektstärken für alle drei Risikofaktoren beobachtet, wobei ein hoher PRS als häufigster Risikofaktor hervortrat. Die Daten zeigen das Lebenszeitrisiko für Brustkrebs in Abhängigkeit von den Risikofaktoren sowie ihren Kombinationen und geben an, wann jede Gruppe eine kumulative Inzidenz von 2% erreicht, was dem Durchschnitt der Bevölkerung bei Beginn des organisierten Screenings im Alter von 50 Jahren entspricht. Dieses Alter dient als Anhaltspunkt für den Beginn des Screenings auf der Grundlage des individuellen Risikos. Die Gruppen mit hohem PRS, PV-Träger oder positiver FH erreichten diese Prävalenz von 2% im Alter von 42 Jahren, während Frauen mit hohem PRS und FH oder PV diese Prävalenz im Alter von 38 Jahren erreichten. Frauen ohne PV oder FH mit niedrigem PRS erreichten ein ähnliches Risiko zwei Jahrzehnte später im Alter von 62 Jahren. Die Schätzungen sind auf die Gesamtbevölkerung kalibriert. Für jeden der drei Risikofaktoren wurde die PPV berechnet. Die PPV gibt den Anteil der Frauen an, bei denen Brustkrebs diagnostiziert wurde unter den Frauen mit einem positiven Screening-Befund, der definiert ist als Frauen, die wegen einer auffälligen Screening-Mammographie zu einer weiteren Abklärung einbestellt wurden. Von allen Screening-Ereignissen wurden 3,1% der Frauen zu einer weiteren Untersuchung überwiesen, von denen 25,0% mit Brustkrebs diagnostiziert wurden (0,8% aller Screening-Ereignisse). Die PPV stieg mit dem PRS deutlich an und reichte von 12,7% im niedrigsten PRS-Dezil bis zu 39,5% im höchsten PRS-Dezil. Ebenso erhöhten sowohl das Vorhandensein von PV als auch eine positive Familienanamnese (FH) die PPV, wobei die PPV etwas niedriger waren als im höchsten PRS-Dezil. Kombinationen von PRS mit PV- oder FH-Risiken führten zu den höchsten PPVs. Frauen mit positiver FH und hohem PRS (>90%) hatten eine PPV von 44,6%, während Personen mit PV und hohem PRS eine noch höhere PPV von 50,6% aufwiesen. Bei Personen mit niedrigem PRS hatten FH und PV einen besonders starken Einfluss. In Bezug auf die Befunde im Mammographie-Screening war der Anteil der Fälle gleichmäßig über die PRS-Dezile für keine Befunde und für gutartige Brustläsionen verteilt, während sowohl für in situ Läsionen als auch für invasiven Brustkrebs eine ähnliche Anreicherung für hohe PRS beobachtet wurde. Die stärkste Häufung hoher PRS wurde bei beidseitigem Brustkrebs beobachtet, wobei 35,2%  der Fälle eine hohe PRS (>90. Perzentil) aufwiesen. Bei Frauen mit hohem PRS waren die Effektstärken für den durch Screening entdeckten Brustkrebs und den Intervall-Brustkrebs ähnlich, ohne dass ein eindeutiger Trend in der Effektstärke nach Alter oder systematische Unterschiede in der Effektstärke nach Art der Entdeckung erkennbar waren. Frauen mit einem hohen PRS und einem negativen Screening-Befund hatten ein erhöhtes Risiko für Intervall-Brustkrebs und für einen durch Screening entdeckten Krebs beim nächsten Screening. Für Intervall-Brustkrebs stieg das Risiko bei hohem PRS-Wert zwei Monate nach dem negativen Screening im Alter von 50 Jahren stark an. Die kumulative Inzidenz von Intervall-Brustkrebs war bei Frauen mit mittlerem oder niedrigem PRS gering. Nach einem negativen Screening stratifizierte der PRS die Frauen in allen Altersgruppen auch nach ihrem Risiko, beim nächsten Screening Brustkrebs zu entwickeln, wobei die kumulative Inzidenz aufgrund des erhöhten Ausgangsrisikos mit zunehmendem Alter kontinuierlich anstieg. 
Somit konnte unter Verwendung einer großen Biobankstudie mit Daten von realen Screeningereignissen gezeigt werden, dass ein Brustkrebs-PRS das Ergebnis eines anfänglich positiven Screeningbefunds vorhersagt. Darüber hinaus war ein hoher PRS-Wert bei Frauen mit negativem Screening-Befund mit einem erhöhten Risiko für Intervallkrebs und einem erhöhten Risiko für beidseitigen Brustkrebs verbunden. Die Wirksamkeit eines Brustkrebs-PRS zur Risikostratifizierung, sowohl allein als auch in Kombination mit FH und PVs konnte somit belegt werden.   GFI
 

Quelle: Mars N et al.: Comprehensive Inherited Risk Estimation for Risk-Based Breast Cancer Screening in Women. J Clin Oncol. 2024 May 1;42(13):1477-87
ICD-Codes: C50
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